Juni 2016: Rückblick auf 2015

Dezember 2015: Rückblick auf 2015


Liebe Scholé-Freunde,

Das Jahr 2015 war reich an Erlebnissen, Erkenntnissen und neuen Fragen, wenigstens einige davon möchte ich gerne mit euch teilen. Ein sehr interessanter Aspekt sind die Unterschiede zwischen den Kindern, die sich zu Hause frei entfalten dürfen, weil ihre Eltern sich den gesetzlich vorgeschriebenen Jahresprüfungen widersetzen, und den Kindern im Colearning Space, die mit allen Vor- und Nachteilen einer Großgruppe konfrontiert sind und deren Eltern entschieden haben, dass sie sich – nicht nur, aber auch – auf die Jahresprüfungen vorbereiten sollen. Aus größerer Entfernung beobachten Sibylle und ich zudem die interessanten Entwicklungen in den Lais-Schulen (Klagenfurt, Graz, Mödling) und das einzigartige Modell Weinbergschule, wo in einem christlichen Rahmen die Schetininpädagogik erforscht, angewandt und in Kursen weitergegeben wird.

Ihre eindeutig spirituelle Ausrichtung und ihr Internatscharakter machen die Weinbergschule am ehesten mit Tekos vergleichbar. Gemeinsam mit dem Schetininschüler Richard Kandlin haben es die Schulleiter Sonja und Hannes geschafft, ein ausgefeiltes Modulsystem zu entwickeln. Es soll die zahlreichen InteressentInnen aus dem In- und Ausland in ihre Lernmethoden und die besondere Geisteshaltung, die dazu gehört, schrittweise praktisch einführen. (Nähere Informationen dazu findet ihr auf der Homepage www.weinbergschule.at) Seit Herbst ist ein Mädchen dort, das ich gut kenne – an ihrer persönlichen Entwicklung kann ich die bemerkenswerten Effekte dieser ganzheitlichen Pädagogik aus der Nähe mit verfolgen. Am meisten haben alle, die sie kennen, über die neu gewonnene Selbstdisziplin des Mädchens gestaunt, die ihren ausgeprägten Eigenwillen jedoch keineswegs eingeschränkt hat!

Mindestens ebenso sehr beeindrucken mich die Entwicklungen, die ich an den „Frei-Freilernerkindern“ in meinem nächsten Umfeld beobachten kann – in erster Linie ihre Friedfertigkeit und Bescheidenheit! Besonders deutlich zu erkennen ist das bei Geschwistern, die früher, als sie noch in die Schule gingen, bei jeder Gelegenheit streitlustig aufeinander losgingen: Nach einem Jahr zu Hause sind alle drei wie ausgewechselt! Sie kümmern sich umeinander und um die Eltern, teilen alles, was sie haben, und sind dabei so zufrieden, dass ihre Wünsche an die von Bergbauernkindern aus dem vorletzten Jahrhundert erinnern – eine braune Wollmütze, ein Meerschweinchen, ein Zuschuss zu einem Nähkurs… Wenn ich sie sehe, muss ich an Arno Stern denken, der einmal meinte, die meisten Menschen wüssten heute gar nicht mehr, wie echte Kinder sind! Dazu braucht es aber ohne Zweifel Eltern, die so bei sich sind wie Arno Stern oder eben die Eltern dieser Kinder: aufrechte Erwachsene, die jeden Tag mit und von ihren Kindern lernen, vorbehaltlos sie selbst zu sein!

Mit größtem Interesse verfolge ich, auf welche Weise Kinder, denen niemand ein Lehrprogramm vorsetzt, sich Wissen aneignen. Am faszinierendsten sind für die meisten Kinder offenkundig Lebewesen: Ein 8-jähriges Mädchen würde am liebsten täglich in den Zoo gehen, sie zeichnet Tiere, schreibt Tiergeschichten, sittet Hunde, beobachtet stundenlang geduldig die Besucher ihres selbst gebastelten Vogelhäuschens vor dem Fenster und hat sich in letzter Zeit zu einer wahren Vogelexpertin gemausert. Einem Elfjährigen haben es die Bienen angetan, einem Zwölfjährigen die Fische, über die er weit mehr weiß als jeder Maturant. Ihnen allen strahlt die Begeisterung aus den Augen, wenn sie über ihr „Steckenpferd“ erzählen, denn es ist ihr Fenster zur Welt! Für meinen älteren Sohn erfüllte die Eisenbahn die Rolle dieses persönlichen Fensters zur Welt – auf dem Weg über Eisenbahnfahrten, Loks, Waggons, Bahnhöfe, Schaffner, Fahrpläne usw. lernte er noch im Vorschulalter wie von selbst Stadtgeschichte, Geografie, Materialkunde, Lesen, den Umgang mit mehrstelligen Zahlen usw. Die Liebe zur Eisenbahn ist ihm übrigens bis heute erhalten geblieben und hat auch die Wahl seines Studiums bestimmt: Stadt- und Verkehrsplanung…

Aus meinen bisherigen Erfahrungen schließe ich, dass es für jedes Kind ein oder mehrere solche Fenster zur Welt gibt, und ich denke, dass die Erwachsenen gut beraten wären, sich diese Fenster von ihren Kindern zeigen zu lassen, denn von dort geht für das Kind ein unwiderstehlicher Sog aus: Es entwickelt einen Wissensdurst, der sich mit der Zeit ganz von selbst auf zahllose andere Gebiete ausdehnt. Aber was machen die meisten Eltern? Sie lassen sich von Erziehungsfachleuten einreden, was das Beste und Förderlichste für DAS KIND wäre und bemühen sich dann – nach bestem Wissen und Gewissen – ihrem einzigartigen Kind dieses Allerweltsrezept aufzudrängen, anstatt ihm geduldig und einfühlsam abzulauschen, wohin es selber will!

Von einer höheren Warte aus betrachtet illustrieren diese Beispiele unversöhnliche Gegensätze: Selbstbestimmtes Lernen bedeutet KONZENTRATION der Aufmerksamkeit auf die aus dem eigenen Inneren kommenden Impulse. Dieses Lernen ist also identisch mit dem tief ernsten Spiel, wie man es bei Kleinkindern beobachten kann, und nährt sich wie dieses aus der BeGEISTerung. Belehrung hingegen lenkt die Aufmerksamkeit des Belehrten nach außen und wirkt dadurch automatisch ZERSTREUEND.

Unseliger Weise geht die uralte Strategie der Mächtigen, ihre Untertanen durch Zerstreuung und Unter-haltung unten zu halten, nach wie vor wunderbar auf: Die Begriffe Zerstreuung und Unterhaltung wecken bei den meisten Menschen automatisch positive Assoziationen von Lust und Spass, während die Konzentration häufig mit einem MUSS verbunden wird und dadurch von vornherein anstrengend und uncool erscheint! So kommt es auch zu den seltsam widersprüchlichen Bestrebungen vieler Pädagogen, durch Bespassung die Konzentration fördern zu wollen, was natürlich genauso zum Scheitern verurteilt ist wie verordnete Kreativität…

Die Lais-Ausbildung bemüht sich, Erwachsenen den Unterschied zwischen diesen beiden Formen des Lernens praktisch erfahrbar zu machen. Jeder erlebt dabei beglückende Aha-Erlebnisse, trotzdem aber bleibt die Umsetzung dieser an sich ja „natürlichen“ Haltung in unsere alltägliche Lebensrealität eine gewaltige Herausforderung, weil wir alle völlig anders programmiert wurden: Über unzählige Generationen haben wir verinnerlicht, dass die jeweiligen Vorgesetzten schon wissen, was uns gut tut. Dass wir klein, hilflos und abhängig sind. Dass wir ohne die Zustimmung von Fachleuten nichts unternehmen dürfen. Dass es frevelhaft wäre, sich gegen etwas aufzulehnen, was doch immer schon so war. Dass eigene Impulse nicht ernst zu nehmen sind, denn da könnte doch ein jeder kommen…! Usw.usf.

Aus diesem Dilemma kommen wir nur heraus, wenn es uns gelingt, gegen alle Widerstände einer materialistischen Umwelt an die übergeordnete Realität des Geistes zu glauben: Das ist eine freie, ganz persönliche ENTSCHEIDUNG, die jeder Mensch für sich trifft, oder eben nicht. Da gibt es keinen Guru, der die Verantwortung übernimmt, keine spezielle Ausbildung, die einen darauf vorbereitet, kein Diplom, das einen dazu ermächtigt. Wer diesen Schritt wagt, tut es aus einer inneren Gewissheit heraus, aus seinem persönlichen Erleben einer Sehnsucht, die anders nicht zu stillen ist, innerer Freude und Freiheit, wie sie nirgendwo sonst zu finden sind.

Es begeistert mich, dass ich immer mehr Menschen kennenlerne, die ebenfalls bereit sind, diese grundsätzliche Entscheidung zu treffen und damit die Verantwortung für ihr eigenes Wohl und für das ihrer Kinder und ihrer Mitmenschen in die eigenen Hände zu nehmen, anstatt sich auf die dafür „zuständigen“ Institutionen zu verlassen. Ihr Mut wird durch Erlebnisse belohnt, die bisher als Wunder galten – und das wiederum beweist, dass sie auf der Skala der Menschheitsentwicklung ein Stückchen vorangekommen sind, denn, wie Augustinus so schön sagt: „Das Wunder ist nicht ein Widerspruch zu den Naturgesetzen, sondern ein Widerspruch zu dem, was wir von diesen Gesetzen wissen.“

In diesem Sinne lade ich euch nochmals herzlich ein, in der letzten Jännerwoche an den Kursen von Irina Lang (Genaueres im Anhang als Word-Dateien) teilzunehmen! Sie ist in diesen neuen, noch kaum bekannten Gebieten des Wissens über die Natur des Menschen schon zu Hause und besitzt die seltene Fähigkeit, anderen Menschen ihre Einsichten auf der Herzensebene zu übermitteln! Wer mit Kindern zu tun hat, dem möchte ich vor allem ihren neuen Kurs „Was brauchen die Kinder der neuen Zeit?“ empfehlen, in dem sie ihre eigenen langjährigen Erfahrungen als Heilpädagogin mit altem slawischen Erfahrungswissen verbindet. Bitte beachten: Sibylle, die um Anmeldung bittet, hat eine neue Mailadresse – eisenburger.sibylle@gmail.com

In Vorfreude auf die Überraschungen des Jahres 2016 grüßen wir euch herzlich Alexandra, Sibylle und Melanie