Scholé-Nachrichten Februar 2019 – Einladung zum 3. Bildungsfreiheitstreffen
Liebe Scholé-Freunde,
das Ringen um Bildungsfreiheit geht weiter. Es ist vor allem ein Ringen um Bewusstseinsveränderung, in erster Linie bei den Eltern. In den österreichischen Medien werden derzeit die mutigen Pionierinnen und Pioniere gefeiert, die vor 100 Jahren das aktive und passive Wahlrecht für Frauen errungen haben. Bis es aber endlich soweit war, mussten diese Frauen die geltenden Gesetze brechen, sich beschimpfen, verurteilen und einsperren lassen…
Denn damals, im Jahr 1919, spiegelte die folgende Aussage eines renommierten Politikers noch die Auffassung der breiten Mehrheit wider: „Ihr natürlicher Mangel der wehrhaften Kraft, der Tiefe und Besonnenheit im Urteil, der Entschiedenheit im Wollen und der Ausdauer im Handeln … legt Protest gegen ihre völlige Gleichstellung … in der Familie wie im politischen Leben ein.“ Die Einschränkung des Selbstbestimmungsrechts der Frauen wurde mit deren natürlicher Unterlegenheit begründet und als notwendiger Schutz betrachtet: So sah das österreichische Gesetz bis 1974 vor, dass eine verheiratete Frau die ausdrückliche Erlaubnis ihres Ehemannes benötigte, wenn sie außer Haus arbeiten gehen wollte!
Heute, zu Beginn des 21. Jahrhunderts, wird um das Selbstbestimmungsrecht der Kinder gerungen. Die Pionierinnen und Pioniere selbstbestimmter Bildung wagen es, Gesetze in Frage zu stellen, die doch zum Schutz des Kindeswohls erlassen wurden! Die Mehrheit der Bevölkerung findet das vollkommen verrückt: Nur die wenigsten Eltern würden ihren Kindern tatsächlich zutrauen, dass sie selbst entscheiden können, was ihnen gut tut. Der Rest der Bevölkerung ist überzeugt, dass Kinder von sich aus den ganzen Tag Süßigkeiten essen, vor dem Fernseher sitzen, am Smartphone zocken oder gefährlichen Unsinn treiben würden. Folglich müssen sie zu ihrem eigenen Besten in speziell dafür geschaffenen Einrichtungen gezwungen werden, etwas „Vernünftiges“ zu lernen.
Die Wahrheit ist, dass Kinder nicht das tun, was Erwachsene ihnen sagen, sondern immer das, was Erwachsene ihnen vorleben. Insofern ist die Sorge von Eltern durchaus berechtigt, solange sie selbst am liebsten Fastfood essen, von Smartphone oder Laptop nicht lassen können und nur arbeiten gehen, um Geld zu verdienen. Ihre Kinder werden diese Gewohnheiten übernehmen und zur Schule gehen, um Zeugnisse zu bekommen. Mit Kindern auf Augenhöhe zusammenleben und ihnen Vorbild sein, ist eine Herausforderung! Eine Lebensaufgabe, die ein hohes Maß an menschlicher Reife voraussetzt. Für die Kinder unreifer Eltern ist es deshalb ein großes Glück, wenn sie in der Schule guten LehrerInnen begegnen, die ihnen dank ihrer menschlichen Qualitäten manchmal zu lebenslangen Vorbildern werden können.
Gestern war ich bei „Bildünger“, einem großen Kongress im Museumsquartier. Die Organisatoren – das Bildungsministerium und mehrere private Stiftungen – hatten als Zugpferd den charismatischen indischen Bildungspionier SUGATA MITRA eingeladen, ließen ihn aber leider erst am Ende der Veranstaltung zu Wort kommen. Er erzählte von seinem berühmten Experiment in einem Slumviertel von Kalkutta, wo er 1999 einen Computer in für Kinder gut erreichbarer Höhe in eine Mauer einbaute, um zu beobachten, was sie mit dem unbekannten Gerät wohl anfangen würden.
Schon nach wenigen Wochen hatten sich die Kinder mit vereinten Kräften die nötigen sprachlichen und technischen Fertigkeiten angeeignet, um den Computer genauso geschickt zu nutzen wie die Kinder der Reichen. Obwohl ihnen niemand Lesen, Schreiben und Englisch beigebracht hatte und auch kein Erwachsener in der Nähe war, um ihre Fragen zu beantworten! Dieses Experiment hat Sugata Mitra viele Male wiederholt. Es funktionierte in indischen Bergdörfern genauso gut wie in London, vorausgesetzt die Kinder bildeten eine überschaubare Gruppe und durften ihren Forschergeist ungehindert ausleben. Dort wie da ließen sich die Ergebnisse ihrer selbstständigen Recherchearbeit aber merklich steigern, wenn irgendein erwachsener Beobachter – eine freundliche Oma zum Beispiel – daran herzlich Anteil nahm und den Kindern ab und zu anregende Fragen stellte.
School in the Cloud nennt Sugata Mitra sein revolutionäres Selbstbildungsmodell, das derzeit an drei Orten zugleich – in Goa, Washington und Barcelona – verwirklicht werden soll. Die im Muqa versammelten BildungsreformerInnen applaudierten dem Festredner lautstark, doch als der humorvolle Inder schmunzelnd fragte, wer von den Anwesenden sich vorstellen könnte, seine Kinder auf diese Weise lernen zu lassen, erhoben sich nur sehr wenige Hände in dem großen Saal…
Den meisten von uns sitzt immer noch das über viele Jahrhunderte geschürte Vorurteil im Nacken, Kinder wären von Natur aus dumm, faul und / oder boshaft, wie uns das der „Struwwelpeter“ oder „Max und Moritz“ doch deutlich vor Augen führen. Und obwohl diese Klassiker der Kinderliteratur längst durch „Pippi Langstrumpf“, „Pu, der Bär“ oder „Das kleine Ich bin Ich“ ersetzt wurden, wirken sie leider im kollektiven Unbewussten und damit auch in unserer Pädagogik bis heute nach. Das klassische, auf diesem längst veralteten Menschenbild beruhende Schulwesen, gerät immer mehr ins Schleudern, was der Grund für Kongresse wie „Bildünger“ ist. Trotzdem gibt es nach wie vor keine staatliche Förderung für Bildungspioniere, die an die Selbstbildungskraft der Kinder glauben und sich bemühen, ihnen Freiräume zur Entfaltung ihrer individuellen Potenziale zur Verfügung zu stellen.
Der MARKHOF ist eines dieser zukunftsweisenden Projekte: Wer sich für Lernen und Arbeiten in Gemeinschaft interessiert, kann in den vielen schönen Räumen im 3. Bezirk (Markhofgasse 19) Erfahrungen sammeln oder selbst seinen Beitrag zu einer anderen Form des Zusammenlebens leisten. Der MARKHOF empfängt interessierte Besucher und sucht engagierte MitarbeiterInnen, die Zeit und Lust haben, nach oder neben ihrem Brotberuf mit Erwachsenen, Jugendlichen und Kindern neue Lebensformen zu erproben und spannende Projekte zu entwickeln. Es gibt dort viele verschiedene Dinge zu tun: Bitte meldet euch, wenn ihr Interesse habt!
Im MARKHOF wird am 25. März um 18 Uhr auch unser nächstes Treffen zur BILDUNGSFREIHEIT stattfinden. Da wir beim letzen Mal so positive Rückmeldungen erhalten haben, möchten wir nach dem wechselseitigen Informationsaustausch wieder eine Aufstellung machen. Es gibt viel Neues zu berichten!
Wir freuen uns auf regen Besuch!
Alexandra und Melanie
Scholé-Nachrichten Dezember 2018 – Jahresthema Bildungsfreiheit
Liebe Scholé-Freunde,
Im Rückblick auf 2018 habe ich den Eindruck, dass in diesem Jahr viele neue Ideen und Initiativen auf den Prüfstand gestellt wurden – da waren und sind offenbar noch Reste alten Denkens und gewohnter Reflexe zu überwinden, um einem tiefgreifenden gesellschaftlichen Wandel den Weg zu ebnen. Keine leichte Aufgabe!
Im Jänner habe ich versucht, den Wiener SSR zur Einrichtung einer Wertschätzungskommission zu überreden – für Freilerner, Schulabbrecher und Schulverweigerer. Zum Beweis für die Ernsthaftigkeit unseres Vorschlags begleitete mich Prof. Karl Garnitschnig, ein hoch angesehener emeritierter Erziehungswissenschaftler. Wenige Wochen vorher hatte sich SSR-Präsident Himmer im persönlichen Gespräch noch sehr freundlich und aufgeschlossen gezeigt. Doch unsere Verhandlungen mit einem Vertreter der Rechtsabteilung und der Leiterin des Instituts für Begabungsförderung scheiterten am völligen Unverständnis der beiden Beamten. Nach fast zwei Stunden gaben wir auf, weil wir erkannten, dass die beiden nicht bereit waren, auch nur einen Millimeter von ihren gewohnten Vorgaben abzuweichen.
Wie schön wäre es gewesen, in Kooperation mit den Behörden eine Lösung für Freilerner und Schulabbrecher zu finden, die den Kindern alle Prüfungsängste erspart und der Kommission vor Augen geführt hätte, welch bunte Vielfalt an Früchten informelles Lernen ohne Druck und Zwang hervorbringen kann! Doch die Behörden wollten nichts wissen von unserer schönen Idee, sich diese Früchte präsentieren zu lassen und ihnen in wertschätzender Weise offizielle Anerkennung zu zollen… Was haben wir falsch gemacht? Was haben wir zu wenig bedacht? Wie könnten wir es besser machen? Diese Fragen haben mich monatelang beschäftigt.
Inzwischen habe ich erkannt, dass es unsinnig ist, eine Lösung „von oben“ zu erwarten. Die Bildungsbehörden sind mit Schulproblemen so ausgelastet, dass sie sich außerschulische Bildung nicht einmal vorstellen können – und wollen. Sie reagieren darauf genauso abwehrend wie die orthodoxen Vertreter der Schulmedizin auf die Erfolge der Naturheilkunde, die sich aus ihrer Sicht nicht beweisen lassen. Nun kommt es immer darauf an, was man als Beweis gelten lässt: das subjektive Gefühl der Patienten, geheilt worden zu sein, oder objektive statistische Zahlen über messbare Parameter! Tatsächlich sind die Erfolge von Homöopathen oder Naturheilern nicht 1:1 mit „evidenzbasierten“ schulmedizinischen Erfolgsstatistiken vergleichbar, weil die Naturheilkunde ja keine objektiv definierten Krankheitssymptome bekämpft, sondern auf verschiedensten, individuellen Wegen die Selbstheilungskräfte des einzelnen Kranken zu stärken versucht. Überdies geht sie von einem völlig anderen Menschenbild aus: Neben den körperlichen Symptomen werden immer auch seelische und geistige Aspekte mit einbezogen, die statistisch überhaupt nicht erfassbar sind.
Analog dazu könnte man sagen, dass die Schule mittels ausgeklügelter Lehrpläne und Unterrichtsmethoden „Unwissenheit“ bekämpft, während die Anhänger selbstbestimmten Lernens auf das angeborene individuelle Potenzial jedes Kindes vertrauen und dessen natürlichen Entfaltungsprozess nur behutsam unterstützen. Noten und Schulzeugnisse beurteilen nichts anderes als die Anpassungsfähigkeit eines Kindes an vorgegebene Anforderungen. Die freie Entfaltung verborgener Anlagen entzieht sich hingegen prinzipiell einer „objektiven“ Beurteilung, denn jedes Freilernerkind findet in seinem Tempo seinen ganz eigenen Zugang zum Weltwissen. Wer die menschlichen, sozialen und intellektuellen Entwicklungsschritte frei lernender Kinder beobachtet, kann darüber staunen, sich daran erfreuen und sich davon inspirieren lassen – vergleichen und objektiv bewerten lassen sie sich jedoch nicht, weil sie eben nicht objektivierbar sind! Der sanftmütige Gehirnphysiologe Gerald Hüther, der mit seinen Büchern und Vorträgen Hunderttausende begeistert, kommt zu einer sehr radikalen Diagnose: Ein Mensch, der zum OBJEKT (der Erziehung, der Betreuung, ökonomischer und sonstiger Zwänge) gemacht wird, verliert seine Menschenwürde und geht daran kaputt!
Auf dem Gebiet der Medizin mehren sich die Anzeichen für eine allmähliche Annäherung zwischen den beiden Welten, die „sanfte Medizin“ findet immer mehr AnhängerInnen in der Ärzteschaft. Vielleicht gelingt uns auf dem Gebiet der Bildung ja auch ein Brückenschlag? Kürzlich haben einige Freilernereltern beschlossen, Tag für Tag genau aufzuzeichnen, womit sich ihre Kinder gerade beschäftigen. Diese Dokumentation wollen sie dann an eine engagierte Lehrerin weiterleiten, die versuchen wird, sie in die Sprache des Rahmenlehrplans zu „übersetzen“. Wir werden sehen, ob wir auf diesem Weg von unten weiterkommen…
Meine lieben Kollegen und Kolleginnen aus dem Verein „jedes Kind“ bauen von der anderen Seite her an dieser Brücke: Jahresthema war heuer die von Ingrid Teufel schon während ihrer aktiven Zeit als Volksschullehrerin entwickelte „Stärkenschatzsuche“. Man findet sie auf der Homepage des Vereins (www.jedeskind.org). Einer von Ingrids ehemaligen Schülern hat inzwischen sogar eine eigene App entwickelt, damit Lehrerinnen und Lehrer über ihr Smartphone noch einfacher darauf zugreifen können. Erst vor wenigen Tagen hat der Landesschulrat von Salzburg entschieden, die Stärkenschatzsuche an allen Salzburger Schulen einzuführen: Statt hauptsächlich auf deren Fehler zu achten, werden LehrerInnen dadurch ermutigt, die verborgenen Stärken ihrer Schülerinnen und Schüler zu entdecken – und sich dabei auch ihrer eigene Stärken bewusst zu werden.
Natürlich gibt es Gegenkräfte, die den Brückenbau zu verhindern versuchen. An der medizinischen Fakultät der Universität Wien wurde die einzige Homöopathievorlesung heuer mitten im Wintersemester eingestellt, und ausgerechnet die grüne Patientenanwältin Sigrid Pilz machte sich dafür stark, auch noch ein Verkaufsverbot homöopathischer Mittel in den Apotheken zu fordern! Eine perfekte Parallele im Bildungswesen lieferte die Salzburger Kinder- und Jugendanwältin, indem sie forderte, Österreich solle nach dem Beispiel Deutschlands den häuslichen Unterricht ganz abschaffen bzw. auf wenige medizinisch begründete Fälle beschränken. Was sie nicht dazu sagte: Diese Regelung hatten wir schon einmal – in der Zeit zwischen 1938 und 1945, als Österreich Ostmark hieß und Teil des Dritten Reiches war…
Konstruktiv betrachtet könnten derartige Rückschläge aber vielleicht auch Positives bewirken, wer weiß? Themen wie die eben erwähnten Anträge oder die Wiedereinführung von Klassenwiederholungen und Zensuren (in Österreich euphemistisch Noten genannt :-)) schon für Siebenjährige werden die öffentliche Bildungsdebatte hoffentlich verstärken und vertiefen. Dann werden vielleicht mehr Menschen zwischen Wohlfahrtsstaat und obrigkeitlicher Bevormundung zu unterscheiden lernen und ihr Recht auf Selbstbestimmung einfordern.
Ich denke, was unsere Demokratie derzeit lähmt, sind Erwachsene, die während ihrer Schulzeit so klein gemacht wurden, dass sie sich nicht mehr spüren können und sich selbst nichts mehr zutrauen. Da sie von klein auf daran gewöhnt wurden, in allen Lebenslagen von Experten abhängig zu sein, können sie sich, wenn sie Eltern geworden sind, gar nicht mehr vorstellen, die Verantwortung für ihre Kinder selbst zu übernehmen! Dankbar übergeben sie schon Ein- oder Zweijährige an KleinkindpädagogInnen, LogopädInnen, ErgotherapeutInnen usw. zur fachkundigen Betreuung und „Optimierung“. Von der Politik fordern sie immer mehr Frühförderung und lassen sich von Experten einreden, das alles sei zum Besten ihrer Kinder und diene außerdem noch der Selbstverwirklichung moderner Mütter und Väter… Dass sie in Wahrheit im Hamsterrad mitlaufen und bereitwillig dafür sorgen, dass sich die nächste Generation einmal ebenso systemkonform verhalten wird wie sie selbst, merken die meisten Eltern leider frühestens dann, wenn ein Kind, das sich seiner Größe und Würde noch bewusst ist, aus dem Hamsterrad herausspringt und sein Menschenrecht auf Selbstbestimmung entschieden einfordert…!
Die Legalisierung des Freilernens halte ich deshalb für den entscheidenden ersten Schritt, um eine Wende in Richtung BILDUNGSFREIHEIT herbeizuführen und so die Demokratisierung unserer Gesellschaft von ihrer Basis her zu ermöglichen. Die wenigen Erwachsenen, die schon heute bereit sind, ihren Kindern Selbstverantwortung vorzuleben, sind die Pionierinnen und Pioniere einer Generation, die bereit und fähig sein wird, die Verantwortung für den Erhalt unseres Planeten in die eigenen Hände zu nehmen! Der weltweit gehörte Protest einer fünfzehnjährigen schwedischen Klima-Aktivistin hat mit dem Aufruf zu einem Schulstreik begonnen :-)) Schaut euch das dreiminütige Video ihres Auftritts bei der Weltklimakonferenz an, falls ihr es noch nicht kennt: https://www.youtube.com/watch?v=VFkQSGyeCWg
In diesem Sinne wünsche ich euch von Herzen ein frohes Fest der Wiederkehr des Lichts!
Alexandra
Scholé-Nachrichten November 2018: John T. Gatto:
Was in Schulen wirklich unterrichtet wird
Liebe Scholé-Freunde,
Das Thema Bildungsfreiheit scheint immer dringlicher zu werden. Wie wir täglich den Medien entnehmen können, verschärfen sich die Probleme im Bildungssystem. Es gibt folglich immer mehr Schulabbrecher oder Schulaussteiger, und auch die Zahl der Freilerner steigt. Die Behörden reagieren darauf mit noch mehr Zwang – Noten ab der 2. Klasse VS, strengere Strafen für Schulschwänzen, weitere Kontrollen. In Deutschland gilt bekanntlich – seit 1938! – eine rigorose Schulanwesenheitspflicht. Österreich kehrte nach 1945 zur liberaleren Regelung der Vorkriegszeit zurück. Nun aber macht sich ausgerechnet die Kinder- und Jugendanwaltschaft dafür stark, dass auch hierzulande die deutsche Regelung wieder eingeführt wird, wodurch häuslicher Unterricht nur noch in medizinisch begründeten Ausnahmefällen gestattet wäre!
In den letzten Wochen habe ich mich deshalb sowohl an Bundespräsident Van der Bellen wie an Bildungsminister Faßmann gewendet und sie ersucht, sich dafür einzusetzen, dass informelle Bildungsformen endlich erforscht statt verboten werden. (Die Briefe findet ihr im Anhang.) Gestern kam eine freundliche Antwort des Bundespräsidenten: Er habe mein Schreiben aufmerksam gelesen und eine Note an Minister Faßmann geschickt, da er selbst ja keinen Einfluss auf die Gesetzgebung habe. Was das tatsächlich zu bedeuten hat, weiß man natürlich nicht, trotzdem habe ich mich gefreut, dass unser Anliegen zumindest wahrgenommen wurde. Obwohl – oder gerade weil – die Situation sich so zuspitzt, habe ich den Eindruck, es könnte sich endlich etwas bewegen.
DIE VERDECKTE AUFSTELLUNG BEIM 2. TREFFEN ZUR BILDUNGSFREIHEIT lässt darauf schließen, dass sich derzeit noch unvorstellbare Entwicklungen bereits zusammenbrauen: Da geht es um Dinge, die außerhalb unseres jetzigen Denkrahmens liegen und sich positiv anfühlten, wir müssen sie nur ZULASSEN. Die zentrale Botschaft dieser Aufstellung lautete, dass KINDER das primäre Bedürfnis haben, eine sinnvolle Aufgabe zu erfüllen. Dafür brauchen sie die Unterstützung ihrer ELTERN. Erhalten sie diese Unterstützung, können die KINDER sich freudig dem freien, INFORMELLEN SPIEL hingeben und dabei innerhalb kurzer Zeit so viel Kraft und Selbstbewusstsein entfalten, dass sogar die JURISTEN, von deren Wohlwollen die Bildungsfreiheit abhängt, sie auf einmal ernst nehmen müssen.
Doch auch JUGENDLICHE, so zeigte die Aufstellung, bleiben auf die Zuwendung ihrer ELTERN angewiesen! Obwohl sie auf eigene Faust Erfahrungen außerhalb der Familie machen wollen und die ELTERN manchmal auf eine harte Probe stellen, ist ihnen deren Nähe doch äußerst wichtig. Die ERGOTHERAPEUTEN fühlten sich stark hingezogen zu den JUGENDLICHEN. Den ZWANG, der vom Zwangsschulsystem ausgeht, erkannten sie als Voraussetzung ihrer Arbeit: Sie erfüllen eine Brückenfunktion zur Bildungsfreiheit und können JUGENDLICHEN bewusst machen, dass sie nicht krank sind, sondern gesunde Reaktionen auf ein krankes System zeigen!
Der vertrauenswürdigste Diagnostiker dieses kranken Systems ist ein vielfach preisgekrönter Lehrer: John Taylor Gatto (1935 – 2018). Nachdem er das Leben in vielen verschiedenen Berufen (u.a. Sanitäter, Universtitätsmitarbeiter, Taxifahrer, Schmuckdesigner und Werbetexter) kennengelernt hatte, wurde er Lehrer und unterrichtete im Staat und der Stadt New York 30 Jahre lang Kinder verschiedenster Schichten. Auf Drängen eines seiner Schüler hielt er an dem Abend, an dem er zum 3. Mal zum „Lehrer des Jahres im Staat New York“ ausgezeichnet wurde, nicht den Mund, sondern sprach erstmals wirklich Klartext. Mit der Ansprache, die er an diesem Abend hielt, beginnt sein Buch „Dumbing Us Down“ (deutscher Titel „Verdummt nochmal“), das 1992 erstmals erschien und inzwischen in die Geschichte des Bildungswesens eingegangen ist. Im angelsächsischen Raum, wo informelles Lernen außerhalb der Schule ja erlaubt ist, hat es zu einem Aufschwung der Freilernerbewegung geführt. Hier einige Auszüge in Gattos eigenen Worten:
„Während ich mit den Hindernissen gerungen habe, die zwischen dem Kind und seiner Bildung stehen, bin ich im Laufe der Jahre zu der Überzeugung gelangt, dass die staatlichen Monopolschulen von ihrer Struktur her nicht reformierbar sind. Wenn ihre zentralen Mythen bloßgelegt und abgeschafft werden, können sie nicht funktionieren. Inzwischen habe ich verstanden, dass ich, unabhängig von meiner eigenen Einschätzung meiner Aufgabe als Lehrer, in Wirklichkeit einem zum größten Teil unsichtbaren Lehrplan folge, der die Mythen der Institution Schule und unseres Wirtschaftssystems, das auf einem Kastenwesen basiert, verstärkt. Als ich darüber nachdachte, was ich Ihnen sagen könnte, um diese meine Erfahrungen fruchtbar werden zu lassen, wurde mir deutlich, dass ich Ihnen am besten erzähle, was an dem, was ich tue, falsch ist. Denn das Richtige ist einfach zu verstehen: Ich stehe den Kindern nicht im Weg, ich gebe ihnen Zeit und Raum und Respekt. Das Falsche an dem, was ich tue, ist allerdings merkwürdig komplex und erschreckend. Ich möchte es Ihnen aufzeigen.
„Die erste Lektion, die ich unterrichte, ist Verwirrung. Alles, was ich lehre, ist aus dem Zusammenhang gerissen. Ich unterrichte die Verbindungslosigkeit von allem, Ich unterrrichte zu viel… Was ich tue, hat mehr Ähnlichkeit mit der Zusammenstellung eines Fernsehprogramms als mit der Errichtung einer Ordnungsstruktur…“
„Das zweite Fach, das ich unterrichte, ist die unentrinnbare Zugehörigkeit zu einer bestimmten Schicht. … Meine Aufgabe besteht darin, dafür zu sorgen, dass es den Kindern gefällt, mit Kindern gleichen Niveaus zusammengesperrt zu werden, oder dass sie es zumindest widerspruchslos erdulden. Wenn ich meine Sache gut mache, können die Kinder sich nicht einmal vorstellen, anderswo zu sein, denn ich habe ihnen beigebracht, die höheren Lernniveaus zu beneiden und ihnen mit Ehrfurcht zu begegnen, auf die darunter liegenden Niveaus dagegen mit Verachtung herabzublicken… Das ist die eigentliche Lektion jedes künstlich auferlegten Wettbewerbs und auch der Schule: Du lernst, wo dein Platz ist…“
„Das dritte Fach, das ich unterrichte, ist Gleichgültigkeit. Ich lehre Kinder, sich nicht allzu sehr für irgend etwas zu begeistern, auch wenn sie den Anschein erwecken sollten. Ich tue das auf sehr raffinierte Weise, indem ich fordere, dass sie sich in meinen Unterrichtsstunden bedingungslos engagieren, vor Begeisterung von den Plätzen springen und eifrig miteinander um meine Gunst konkurrieren… Aber wenn die Pausenglock läutet, bestehe ich darauf, dass sie alles, was wir getan haben, augenblicklich stehen und liegen lassen und schnell zur nächsten Arbeitsstation weitergehen. Sie müssen sich wie ein Lichtschalter an- und ausschalten lassen… Die eigentliche Lektion der Pausenglocke ist, dass es keine Arbeit gibt, die es wert wäre, zu Ende geführt zu werden. …“
„Das vierte Fach, das ich unterrichte, ist emotionale Abhängigkeit. Mit Fleißbienchen und Smileys, mit Lächeln und Stirnrunzeln, Auszeichnungen, Ehrungen und Strafen bringe ich den Kindern bei, ihren Willen der vorherbestimmten Befehlskette zu unterwerfen… Rechte existieren in einer Schule nicht… Individualität ist eine Bedrohung für alle Klassifizierungssysteme.“
„Das fünfte Fach, das ich unterrichte, ist intellektuelle Abhängigkeit. Gute Schüler warten darauf, dass ein Lehrer ihnen sagt, was sie tun sollen. Dies ist die wichtigste Lektion von allen: Wir müssen auf andere Menschen warten, die besser ausgebildet sind als wir, um unserem Leben einen Sinn zu geben. Alle wichtigen Entscheidungen werden von Experten getroffen… Erfolgreiche Schüler übernehmen das Denken, das ich ihnen vorgebe, mit einem Minimum an Widerstand und dezenten Anzeichen von Begeisterung. Ich entscheide, für welche von den Millionen Dingen, die es wert wären, studiert zu werden, wir Zeit haben. In Wirklichkeit wird dies allerdings von meinen unsichtbar bleibenden Arbeitgebern entschieden. …“
„Das sechste Fach, das ich unterrichte, ist labiles Selbstbewusstsein. Wenn Sie jemals versucht haben, Kinder in Reih und Glied zu bringen, deren Eltern ihnen die Überzeugung vermittelt haben, dass sie bedingungslos geliebt werden, wissen Sie, dass es unmöglich ist, Geister voller Selbstvertrauen zur Anpassung zu bewegen. Unsere Welt würde so, wie sie ist, eine Flut selbstbewusster junger Leute nicht lange überleben, daher unterrichte ich, dass die Selbstachtung eines Kindes von der Meinung eines Experten abhängen sollte. Meine Kinder werden ständig ausgewertet und beurteilt. … Den Menschen muss gesagt werden, was sie wert sind.“
„Die siebente Lektion lautet, dass man sich nicht verstecken kann. Ich lehre die Schüler, dass sie immer unter Beobachtung stehen und ständig überwacht werden… Ich entwickle eine Art erweiterter Beschulung, die so genannten Hausaufgaben, so dass die Wirkung der Überwachung, wenn schon nicht die Überwachung selbst, sich bis in den privaten Haushalt erstreckt, wo die Schüler sonst ihre freie Zeit nützen könnten, um etwas zu lernen, was nicht autorisiert ist… Kinder müssen engmaschig überwacht werden, wenn man eine Gesellschaft unter strenger zentraler Kontrolle halten will…“
Dem ist nichts hinzuzufügen. Ich grüße euch herzlich
Alexandra
Brief an Bundespräsident Alexander Van der Bellen
Wien, den 11.11.2018
Sehr geehrter Herr Bundespräsident,
lieber Alexander van der Bellen,
Betrifft: Freilernen und andere Alternativen zur Regelschule
In mehreren TV-Beiträgen und Artikeln (ORF, Wiener Zeitung, Standard, Kurier, SN) wurde versucht, die Eltern frei lernender Kinder pauschal als Sektierer, Staatsfeinde oder gefährliche Irre darzustellen, die das Wohl ihrer eigenen Kinder gefährden. Leider mag es hin und wieder auch tragische Fälle dieser Art geben, aber die überwiegende Mehrheit der österreichischen Familien, die ihren Kindern selbstbestimmtes Lernen ermöglichen wollen, zeichnen sich durch überdurchschnittlich hohes Verantwortungsgefühl und besondere Achtsamkeit ihren Kindern und allen anderen Mitmenschen gegenüber aus.
Deshalb ist es mir ein persönliches Anliegen, für den Schutz und die Ausweitung der Freiheitsrechte dieser Menschen einzutreten, die aus meiner Sicht Pionierleistungen für eine menschengerechtere und vielfältigere künftige Bildungslandschaft erbringen: Die im angelsächsischen Raum mit Schulbildung rechtlich gleichgestellte selbstbestimmte oder informelle Bildung gehört wissenschaftlich fundiert erforscht, nicht ungeprüft verboten!
Meine Argumente habe ich so knapp wie möglich in dem unten stehenden Text zusammengefasst, den ich als Entgegnung auf einen Kurier-Artikel (Nie mehr Schule) vom 7.11.18 geschrieben habe und auch an Bundesminister Fassmann schicken möchte. Ich bitte Sie herzlich um Ihre Unterstützung, denn die abstrakten, nur auf Paragrafen gestützten Kindeswohl-Interpretationen der zuständigen Juristen haben mit dem tatsächlichen Wohlergehen lebender Kinder in vielen Fällen wenig zu tun.
(Ganz anders als etwa der Wiener SSR sehen das übrigens Juristen und Wissenschaftler, die sich seit einigen Jahren bei einem Kolloquium in Gießen treffen. „Selbstbestimmte Bildungswege als Kindeswohlgefährdung?“ lautet der Titel des hoch interessanten Tagungsbandes 2017, der kürzlich im Tologo Verlag erschienen ist.)
Mit herzlichem Dank für Ihre Aufmerksamkeit und der Bitte um Hilfe
Alexandra Terzic-Auer
RECHT AUF BILDUNG ODER SCHULPFLICHT?
Wie konnte sich das MenschenRECHT auf Bildung weitgehend unbemerkt und unwidersprochen in eine SchulPFLICHT verwandeln? Welche gesellschaftlichen Kräfte waren daran beteiligt? Alle Bildungsverantwortlichen müssen heute zugeben, dass in der Regelschule Vieles im Argen liegt. Dennoch werden echte Alternativen keineswegs willkommen geheißen. Wieso?
Wissen ist Macht. Der Fächerkanon der Schule deckt nur einen verschwindend geringen Bruchteil des Weltwissens ab, bezeichnet diesen kleinen Ausschnitt aber gerne als Allgemeinbildung. Wollen wir dem Staat tatsächlich das Bildungsmonopol überlassen und ihm damit die absolute Macht geben, über das Wissen und Können der nächsten Generation zu bestimmen?
Ausgerechnet die Kinder- und Jugendanwaltschaft schlägt eine Wiedereinführung der strengen Schulanwesenheitspflicht vor, die 1938 für das gesamte Dritte Reich erlassen wurde und in Deutschland bis heute gilt, während Österreich 1945 zur Unterrichtspflicht zurückkehrte. Gibt es da nicht einen blinden Fleck bei der Aufarbeitung unserer Geschichte?
In angelsächsischen Ländern, wo freie, selbstbestimmte Bildung (ohne verpflichtende Externistenprüfungen) seit jeher zu den demokratischen Grundrechten zählt, haben Langzeitstudien gezeigt, dass sowohl Unschooler wie Homeschooler hinsichtlich ihrer sozialen, intellektuellen und beruflichen Entwicklung mehrheitlich besser abschneiden als Schüler. Diese „ausländischen“ Studien werden hierzulande nicht anerkannt. Österreichische Studien wurden bisher nicht in Auftrag gegeben, obwohl die Freilerner immer wieder darum ersucht haben. Warum?
Was viele angesehene Erziehungswissenschaftler, Pädagogen, Psychologen und Gehirnphsysiologen als Rettung für das marode Schulsystem anpreisen – Kreativität, Individualisierung, Potenzialentfaltung usw. – wird von frei lernenden Kindern in unzähligen Variationen täglich gelebt. Wieso interessiert das Wissenschaft und Behörden nicht? Wieso berichten die Medien allenfalls über die wenigen schwarzen Schafe, die es dort natürlich, wie überall, auch gibt? Sehen sie ihren Auftrag darin, das Bildungsmonopol des Staates zu verteidigen?
Als mündige BürgerInnen dürfen wir nicht zulassen, dass unbewiesene Verdächtigungen und Befürchtungen ausreichen, um allen Freilernerfamilien mit Zwangsbeschulung oder Obsorgeentzug zu drohen! Wenn wir uns gegen derart massive Eingriffe in die Freiheitsrechte von Kindern und Eltern nicht rechtzeitig wehren, setzen wir die Demokratie aufs Spiel. Deshalb fordern wir endlich fundierte Forschungsprojekte, die sich mit allen Aspekten selbstbestimmten informellen Lernens ernsthaft und konstruktiv auseinandersetzen!
ALLE MENSCHEN SIND FREILERNER, VOM ERSTEN BIS ZUM LETZTEN ATEMZUG. Außerhalb der Unterrichtszeiten – im besten Fall sogar während des Unterrichts – sind Schüler ebenfalls Freilerner, solange sie freiwillig und mit Begeisterung neue Erfahrungen machen dürfen. Unter Druck und Zwang Gelerntes verknüpft unser Gehirn jedoch mit schmerzhaften Stresserfahrungen und „entsorgt“ es deshalb so rasch wie möglich. Das berüchtigte Bulimielernen, das zur Erfüllung der staatlichen Lehrpläne gang und gäbe ist, hat also mit Bildung rein gar nichts zu tun!
Es ist vielmehr die eigentliche Ursache der Bildungsmisere: Das österreichische Schulsystem, eines der teuersten der Welt, bringt Pflichtschulabsolventen hervor, von denen ein hoher Prozentsatz nicht einmal die Minimalanforderung erfüllt, sinnerfassend lesen oder einfache Rechenaufgaben lösen zu können. Das Wissen von Maturanten verdampft innerhalb kurzer Zeit: nicht mehr als 4% sind zwei Jahre nach der Matura noch abrufbar…
Welches Rezept verordnet uns Vater Staat gegen das Versagen seiner eigenen Bildungsinstitutionen? Noch mehr Zwang: Ein zweites verpflichtendes Kindergartenjahr, Ziffernnoten ab der 2. Klasse Volksschule, Bildungspflicht bis 18 – und nun womöglich auch noch die Einschränkung der Unterrichtsfreiheit durch eine amtliche Reglementierung des häuslichen Unterrichts!
Das heimliche Curriculum der Schule, das Ivan Illich um 1970 in seiner berühmten Streitschrift „Die Entschulung der Gesellschaft“ beschrieb, soll also noch ausgeweitet werden. Vordergründig geht es um Spracherwerb, Wissen, Können, Konkurrenzfähigkeit. Der Großteil unserer Zeitgenossen, erfolgreich normiert auf Gehorsam gegenüber der Obrigkeit, nimmt das auch gutgläubig hin, ohne diese Behauptungen jemals zu hinterfragen.
Was tatsächlich auf dem Lehrplan steht, hat John Taylor Gatto auf den Punkt gebracht. Er war als bester Lehrer der Stadt und des Staates New York ausgezeichnet worden, ehe er begann, das Bildungssystem grundsätzlich zu hinterfragen: „Verdummt noch mal!“ lautet der deutsche Titel seines erhellenden Buches „Dumbing us down“.
Wir können und wollen die Schule nicht abschaffen, sondern setzen uns für BILDUNGSFREIHEIT ein: Jedem das Seine statt allen das gleiche. Es gibt kein Modell, das für alle passt! Doch in jedem Bildungsbereich gibt es engagierte und verantwortungsbewusste Eltern, Lehrer und Lernbegleiter, die von Freiheit und Autonomie enorm profitieren würden.
Ständiger Erfahrungsaustausch sowie die freie Wahl zwischen öffentlicher und privater, formeller und informeller Bildung wären nach unserer Überzeugung notwendig, um eine vielgestaltige und friedliche Evolution des Bildungswesens in Gang zu bringen. Unsere Welt ist so komplex geworden und verändert sich so rasch, dass wir viele verschiedene Ansätze brauchen werden, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Unser derzeitiges Bildungssystem mit seiner strukturellen Ausrichtung auf Zwang und Konkurrenz trägt – noch immer oder schon wieder – erschreckend totalitäre Züge. Zum Aufbau einer friedlicheren Welt benötigen wir exakt das Gegenteil: Freiwilligkeit und Kooperation.
Brief an Bildungsminister Heinz Faßmann
Betrifft: offener Brief zum Thema Freilernen / selbstbestimmte Bildung
Wien, den 13. November 2018
Sehr geehrter Herr Bundesminister Faßmann,
Möglicherweise haben Sie sich mit dem Gedanken an selbstbestimmtes Lernen noch nie beschäftigt, da diese Bildungsform außerhalb des angelsächsischen Raumes ein weißer Fleck auf der Weltkarte der Bildungslandschaften ist.
Es ist natürlich unmöglich, eine völlig eigenständige Bildungsform in einem kurzen Brief zu beschreiben. Wissenschaftliche Daten liegen nur aus Großbritannien, Kanada, USA und Australien vor, wo sowohl häuslicher Unterricht (Homeschooling) als auch freies, informelles Lernen (Unschooling) erlaubt sind und gesetzlich geschützt werden. Hierzulande setzt sich nun ausgerechnet die Kinder- und Jugendanwaltschaft für eine Einschränkung des häuslichen Unterrichts und eine Rückkehr zur Schulpflicht ein, wie sie in Deutschland – seit 1938 – immer noch besteht, während Österreich zum Glück nach 1945 zur liberaleren Regelung der Vorkriegszeit zurückgekehrt ist.
Von österreichischen Behörden und Gerichten werden die (durchwegs positiven) „ausländischen“ Studien und Langzeitstudien über den weiteren Lebensweg schulfrei aufgewachsener Kinder leider nicht anerkannt. Auch die Medien zeigen für fundierte Untersuchungen kein Interesse, sondern sind auf der Suche nach Skandalfällen, die es in allen Bereichen, innerhalb wie außerhalb der Schule, natürlich auch gibt. Darum möchte ich Sie als Wissenschaftler bitten, sich persönlich dafür einzusetzen, dass diese Bildungsform nicht aufgrund unbewiesener Befürchtungen noch weiter eingeschränkt oder gar abgeschafft, sondern endlich differenziert betrachtet und seriös erforscht wird!
Das Netzwerk der Freilerner, dem auch ausgebildete PädagogInnen angehören, bemüht sich seit Jahren darum und hat schon eine Menge Material zum Thema selbstbestimmter Bildung zusammengetragen. Die Eltern, die in diesem Verein aktiv sind, lehnen Schule nicht ab! Ihr zentrales Anliegen ist die Achtung vor dem Selbstbestimmungsrecht ihrer Kinder, die zur Schule gehen DÜRFEN, aber nicht MÜSSEN. So gibt es Familien, in denen das eine Kind zu Hause bleibt, weil es sich selbst bilden möchte, während ein anderes freiwillig zur Schule geht.
Ich halte diese sehr bewussten und respektvollen Menschen, die oft pauschal als Sektierer oder Narren abgetan werden, für Pioniere einer neuen, menschengerechteren, nachhaltigeren und demokratisch reiferen Bildungslandschaft der Zukunft! Einer Bildungslandschaft, in der durch eine Vielfalt an Bildungsangeboten der Vielfalt menschlicher Anlagen und Begabungen Rechnung getragen wird, so dass die in Pädagogenkreisen oft und gerne zitierten Schlagworte KREATIVITÄT, INDIVIDUALISIERUNG und POTENZIALENTFALTUNG tatsächlich verwirklicht werden können.
Individualisierung schließt Standardisierung aus! Ein verbindlicher Lehrplan suggeriert, wir könnten „Allgemeinwissen“ klar definieren und wüssten heute schon, was in der Welt von morgen für alle wichtig sein wird. Angesichts der enorm unterschiedlichen individuellen Voraussetzungen, der immer rascheren Veränderung unserer Welt und der Explosion des Weltwissens ist eine solche Annahme wahrlich vermessen! Einzig menschliche Qualitäten wie Selbstbewusstsein, Verantwortungsgefühl, intrinsische Motivation, Durchhaltevermögen und Mut zum Neuen werden auf jeden Fall gefragt sein. Und eben diese Eigenschaften erwirbt ein Menschenkind, dem die Möglichkeit geboten wird, sich selbstbestimmt zu bilden! Denn der Drang, selbstständig die Welt zu erforschen, den man an jedem gesunden Baby beobachten kann, erlischt nicht von selbst, wenn es das Kindergarten- oder Schulalter erreicht…
Die Wissenschaft sollte froh und dankbar sein, dass es mutige, achtsame Eltern gibt, die bereit sind, sich unter widrigsten Umständen für das MenschenRECHT auf freie Bildung einzusetzen. Nur dank ihnen gibt es eine Vergleichsgruppe, an der Grundlagen, Folgen, Vor- und Nachteile schulischer Bildung überhaupt OBJEKTIV studiert werden können! Vergleiche zwischen verschiedenen Arten der Beschulung können dies logischer Weise nicht leisten.
Ich ersuche Sie als zuständigen Minister daher herzlich, sich für unser Anliegen persönlich einzusetzen! Es wird übrigens auch von erfahrenen und engagierten Lehrpersonen sowie von MitarbeiterInnen des Jugendamts unterstützt, die in konkrete Fälle involviert sind und denen das Kindeswohl tatsächlich am Herzen liegt.
Mit Dank für Ihre Aufmerksamkeit und der dringenden Bitte um Hilfe
Alexandra Terzic-Auer
(Kurzbiografie: Ich bin 1952 in Wien geboren, war nach interdisziplinären Studien in Österreich und Frankreich lange als Verlagslektorin und Übersetzerin tätig und bin Ratsmitglied beim Forum Alpbach. Nach der Geburt meiner 2 Söhne habe ich begonnen, mich mit alternativen Schulformen zu beschäftigen und für hochbegabte und hochsensible Kinder einzusetzen. So kam ich zu den Freilernern, denen seither mein Hauptinteresse gilt.)
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Scholé-Nachrichten Oktober 2018 Weiße Schafe bitte vor den Vorhang!
Liebe Scholé-Freunde,
seit einiger Zeit häufen sich Anfragen von Redaktionen, die Interesse am Freilernen bekunden. Das ist eine ganz neue Entwicklung – sie bringt Chancen und Risken mit sich: Das Risiko, ungeprüft in einen Topf geworfen zu werden mit Staatsverweigerern, Schulschwänzern oder öffentlichkeitsscheuen Sekten, wie es schon öfter der Fall war. Oder aber eine Chance, die scheinbare Alternativlosigkeit der Schulbildung zu hinterfragen und eine breitere Öffentlichkeit auf selbstbestimmte Bildungsformen aufmerksam zu machen.
Einer Kurier-Journalistin, mit der ich mich am kommenden Dienstag treffen werde, habe ich zur Vorbereitung auf unser Gespräch – zusätzlich zu den liberalen britischen Bestimmungen über Home Education – den folgenden Text geschickt:
WEISSE SCHAFE, BITTE VOR DEN VORHANG!
Vor Einführung der allgemeinen Schulpflicht, die einen Meilenstein in der Entwicklung unserer Zivilisation bedeutete, war Bildung im heutigen Sinn wenigen reichen Leuten vorbehalten, die Bücher besaßen und sich Hauslehrer leisten konnten. Seit der Erfindung des Internets hat jeder, der über einen Internetzugang verfügt, damit potenziell Zugang zum Wissen der Welt. Die historische Wende zum digitalen Zeitalter hat vor allem die Schule, die so lange das Monopol der Wissensvermittlung für alle inne hatte, in arge Bedrängnis gebracht. Die erste Generation, die mit dem neuen Medium aufwuchs, war im Umgang damit ihren Eltern und Lehrern schon im Volksschulalter überlegen. Diese Kinder machten die Erfahrung, dass sie ohne Unterstützung oder Unterweisung von Erwachsenen fähig waren, sich neue Fertigkeiten anzueignen und ihre Eltern und Lehrer spielend zu überflügeln. Das hat ihr Selbstbewusstsein natürlich nachhaltig beeinflusst!
Lehrer, deren Autorität in erster Linie auf ihrem Wissensvorsprung beruhte, gerieten in eine Identitätskrise. Der altbewährte Frontalunterricht funktionierte nicht mehr, denn die Klassen, die sie zu unterrichten hatten, wurden immer inhomogener. Je nach Herkunft und Sozialisation weisen schon Schulanfänger immer größere Entwicklungsunterschiede auf. Auch ein 2. verpflichtendes Kindergartenjahr wird diese Situation höchstens marginal verändern können, denn schon jetzt ist sie in Regionen, wo viele Kinder 3 oder mehr Jahre einen Kindergarten besucht haben, nicht nennenswert besser.
Im klassischen, auf äußerer Disziplin – also Jahrgangsklassen, fixen Lehrplänen, Prüfungen und Noten – basierenden Schulsystem hat der Autoritätsverlust von Eltern und Lehrern zu ziemlich verheerenden Auswirkungen geführt: Ratlosigkeit bei vielen Eltern, steigende Berufsunzufriedenheit und Burnout-Raten bei den Lehrenden, psychische Störungen aller Art, Mobbing, Gewalt und Widerstand bei den teils gelangweilten, teils heillos überforderten Schülerinnen und Schülern. Millionen Zeitungsartikel, Studien und Bücher wurden über diese Missstände veröffentlicht, Tausende Therapien sind dagegen vorgeschlagen und teilweise erprobt worden.
Würde man endlich aufhören, nach alter Lehrersitte das Hauptaugenmerk auf Fehler und Probleme zu richten, um sich stattdessen nach gelingenden Beispielen einer zeitgemäßen neuen Bildungskultur umzusehen, wäre das Bild ein völlig anderes. Dann könnte sich die derzeitige Katastrophenstimmung recht schnell in eine optimistische Aufbruchsstimmung verwandeln! Hier nur einige Beispiele.
Es gibt LehrerInnen im öffentlichen Schulwesen, die schon vor Jahrzehnten erkannt haben, dass ihre Schüler gesunde Ernährung, Bewegungsfreiheit und emotionale Geborgenheit notwendiger brauchen als Schularbeiten und Hausübungen. Sie haben Spielecken eingerichtet, gesunde Jausen mit den Kindern zubereitet, deren Stärken hervorgehoben, Fächer- und später sogar Klassen übergreifenden Unterricht eingeführt. Sie sind mit den Kindern so oft wie möglich hinausgegangen in die Natur, in Werkstätten und Ausstellungen. Die schulischen Leistungen ihrer Schützlinge haben darunter nicht etwa gelitten, sondern sind parallel zum Wohlbefinden der Kinder sogar merklich angestiegen. Die Verwaltung blieb davon allerdings unbeeindruckt. Unerbittlich auf Problemfälle fixiert, hat sie diesen persönlich engagierten Lehrkräften durch immer neue restriktive Verordnungen das Leben schwer gemacht. Auf der Gewinnerseite standen bislang daher jene KollegInnen, die ohne Rücksicht auf das Wohl ihrer Schützlinge Dienst nach Vorschrift machten. Als ich einmal mit einer größeren Kindergruppe einen Ausflug machen wollte, fragte ich eine erfahrene Lehrerin, wohin wir gehen könnten. Ihre Antwort: „Keine Ahnung. Wir machen schon seit über 20 Jahren keine Ausflüge mehr, denn da steht man als Lehrer ja ständig mit einem Fuß im Kriminal.“
So stehen wir heute vor der absurden Situation, dass sich die engagiertesten und erfolgreichsten LehrerInenn verstecken (müssen), weil ihre Erfolge ja eben darauf beruhen, dass sie sich über restriktive amtliche Bestimmungen eigenmächtig hinweggesetzt haben!
Alternativschulen wie Waldorf- oder Montessorischulen, deren Gründer schon vor 100 Jahren den natürlichen Bedürfnissen der Kinder den Vorrang einräumten, muss man sich leisten können. Obwohl sie der Gesamtgesellschaft auch als Auffangbecken für Schulabbrecher gute Dienste leisten, werden sie nicht nur finanziell ausgehungert, sondern auch immer stärker in Richtung Regelschule reglementiert. In Sonntagsreden beschwören Professoren und Bildungspolitiker zwar gerne wortreich die Notwendigkeit von ganzheitlichem Lernen, Individualisierung und freier Potenzialentfaltung, doch freie oder alternative Schulen, die sich tatsächlich an diesen Grundsätzen orientieren, lässt man im Regen stehen oder verfolgt sie sogar.
Ein noch krasseres Beispiel dafür sind die Freilerner. Die rechtliche Möglichkeit, durch Ausfüllen eines einfachen Formulars Kinder zum häuslichen Unterricht anzumelden, war bis vor kurzem selbst Jugendämtern und AmtsärztInnen weitgehend unbekannt. Es gibt erst wenige Familien in Österreich, die, ermutigt durch Forschungsergebnisse aus Neurologie, Psychologie und Linguistik, von dieser rechtlichen Möglichkeit Gebrauch machen und ihre Kinder einfach zu Hause behalten. Auf diese Weise können sie die für Außenstehende verblüffende Erfahrung machen, dass Kinder auf allen Ebenen freudig weiter wachsen, wenn ihr natürlicher individueller Entfaltungsprozess von den Menschen in ihrem Umfeld so einfühlsam weiter begleitet wird wie während der ersten Lebensjahre. Dazu sind erfahrungsgemäß nur besonders bewusste und achtsame Eltern fähig. Doch obwohl sie sich seit Jahren um Kooperation mit den Behördenvertretern bemühen, werden diese engagierten Menschen von Verwaltung und Medien am liebsten ungeprüft in einen Topf geworfen mit Staatsverweigerern, Schulschwänzern und öffentlichkeitsscheuen Sekten.
Natürlich gibt es innerhalb wie außerhalb des Schulsystems schwarze Schafe, vor denen Kinder unbedingt geschützt werden sollten. Doch nur an positiven Beispielen lassen sich konstruktive neue Erkenntnisse gewinnen! Ist es also nicht hoch an der Zeit, endlich einmal die weißen Schafe zu würdigen und die Vielfalt gelingender Beispiele wissenschaftlich zu erforschen? Als nicht unmittelbar involvierte Beobachterin habe ich das im kleinen Rahmen auf eigene Faust getan. Dabei ist mir zunehmend bewusst geworden, dass die auch als Unschooler bezeichneten Freilerner, deren Kinder ihre natürlichen Anlagen vollkommen selbstbestimmt ausleben dürfen, die mutigsten Pioniere einer neuen Bildungskultur sind. Einer, die Frieden zwischen Mensch und Natur stiftet. Wir werden sie brauchen, um den Herausforderungen der Zukunft gewachsen zu sein. Die globalen Zerstörungen, die wir den nächsten Generationen hinterlassen, gehen nämlich samt und sonders auf das Konto von Leuten, die in dem herkömmlichen, auf Konkurrenz und Wettbewerb ausgerichteten Unterrichtssystem besonders erfolgreich waren…
Das 2. Treffen zur Bildungsfreiheit soll ebenfalls unter dem Motto WEISSE SCHAFE, BITTE VOR DEN VORHANG stehen, nachdem wir beim ersten Treffen ausführlich über die Schattenseiten des Schulsystems gesprochen haben. Mit allen, die sich davon angesprochen fühlen, würde ich bei der Gelegenheit sehr gerne eine Aufstellung machen:
Montag, 29. Oktober um 18 Uhr
MARKHOF Bibliothek
1030 Wien, Markhofgasse 19
Wir freuen uns auf ein Wiedersehen!
Alexandra und Melanie
Scholé-Nachrichten September 2018
Freilernern gehört wissenschaftlich erforscht!
Liebe Scholé-Freunde,
Weil ich in unserem Landhaus keinen Internetanschluss hatte, sind die August-Nachrichten ausgefallen – und offenbar einigen von euch sogar schon abgegangen, wie ich zu meiner Freude vernommen habe :-))
Beim Forum Alpbach habe ich heuer wieder viele neue InteressentInnen kennengelernt und dabei festgestellt, dass es von Jahr zu Jahr leichter wird, über die Notwendigkeit der Bildungsfreiheit zu sprechen. Möglich machen das vor allem die immer offensichtlicheren Mängel des herkömmlichen Schulsystems: Eine ausgezeichnete Zusammenfassung bietet zum Beispiel ein Kommentar der Sonderpädagogin Elisabeth Groihofer-Steidl, der unter dem Titel „Schule – ein Armutszeugnis und viele Fragen“ am 4.9. im Standard erschienen ist. Übrigens gab es in Alpbach auch ein Seminar zum Thema Bildung, an dem Teach for Austria KandidatInnen teilnahmen. Es trug den bezeichnenden Titel „Mission to Mars“! Ich habe für den Kriegsgott Mars, zu dem unser auf Konkurrenz und Wettbewerb beruhendes Unterrichtssystem ja tatsächlich sehr gut passt, nicht so viel übrig…:-)
Also habe ich mich lieber zu der Gruppe gesellt, die sich für „Achtsamkeit in der Pädagogik“ einsetzen, und bin mit ihnen, auf einem Meditationspfad dem Bach entlang, langsam und bedächtig durch die herrliche Landschaft gewandert. Ehrengast war an dem Tag ein britischer Parlamentarier, ein weißhaariger Waliser mit Bubengesicht und lachenden blauen Augen namens Chris Ruane. Er erzählte, dass er selbst schon in jungen Jahren mit großem Erfolg Achtsamkeitsübungen ausprobiert hatte. Als Volksschullehrer animierte er später auch seine Schüler dazu, deren Eltern über die segensreiche Wirkung dieser einfachen Übungen staunten.
2012 kam Chris Ruane auf die Idee, seine 600 gestressten Parlamentskollegen per Rundmail einzuladen, sich für ein Achtsamkeitsseminar anzumelden, das ein hoch angesehener Professor von der Universität Oxford abzuhalten bereit wäre (an der es ein eigenes Mindfulness Center gibt). Immerhin 45 seiner Kolleginnen und Kollegen zeigten auf Anhieb Interesse. Gemeinsam mit anderen, die seither hinzugekommen sind, treffen sie sich allwöchentlich zu einer stillen Meditation, bei der Vertreter der verschiedensten Parteien friedlich nebeneinander sitzen. Das Projekt scheint ein großer Erfolg zu sein, denn es ist inzwischen von 40 Parlamenten in verschiedenen Ländern der Welt aufgegriffen worden!
Das Ziel aller Achtsamkeitsübungen ist die Versöhnung des Menschen mit seiner ursprünglichen Natur. Wer es schafft, ohne jede Ablenkung mit sich selbst in Resonanz zu gehen, kann allmählich seine innere Stimme wieder vernehmen, seine eigentlichen Wünsche und Bedürfnisse spüren, seine Verbundenheit mit allem Leben wahrnehmen. Das macht ihn unabhängig von äußerer Beeinflussung, bringt ihm seine Stärken zu Bewusstsein und lässt ihn seine Ziele klar erkennen. „Wenn wir jedem 8-jährigen Kind Meditation beibringen würden, könnten wir die Gewalt in der Welt innerhalb von einer Generation beenden“, sagte der Dalai Lama einmal. Am 12.12.2002 wurde die Gehirnfrequenz des Dalai Lama gemessen: Sie lag permanent bei etwa
5 Hertz (5 Schwingungen pro Sekunde), was exakt der Gehirnfrequenz eines Kleinkindes entspricht. Die eines „normalen“ Erwachsenen liegt bei etwa 11 Hertz. 5 Hertz erreichen Erwachsene nur noch im Tiefschlaf oder in der Meditation.
Bei Kleinkindern wie bei Meditierenden schwingen zudem beide Gehirnhälften im gleichen Rhythmus, was eine erstaunliche Fähigkeit zur Wahrnehmung bewirkt. Die geniale Lernfähigkeit kleiner Kinder beruht darauf, nur sind sie sich dessen nicht bewusst. Erwachsene hingegen können den Zustand meditativer Konzentration bewusst erfahren, in dem Gefühl, Logik, Erfahrung, archaisches Wissen und intuitive Zugangsweisen in ständigem Austausch miteinander stehen. Das erklärt, wieso ein derart synchronisiertes Nervensystem eine Million mal schneller arbeitet als ein Computer, obwohl moderne Computer über millionenfach schnellere Verbindungen verfügen! Und wieso ein Computer zwar jede Menge Wissen verarbeitet oder sogar produziert, aber selbst wenn seine Leistungsfähigkeit noch so sehr optimiert würde, niemals weise Entscheidungen treffen könnte…
Wäre es nicht interessant, die Gehirnfrequenz frei lernender Kinder, die in Geborgenheit aufwachsen und deren natürliche Lernprozesse nicht gestört werden, mit denen gleichaltriger Volksschüler aus Laptop-Klassen zu vergleichen? Vielleicht gelingt es uns, ein solches Experiment anzuregen, denn demnächst werden wir wissenschaftliche Ergebnisse brauchen:
Einige Freilernereltern erhielten vor dem Sommer einen Bescheid, dass ihnen die Obsorge für ihre Kinder entzogen wird, weil diese die vorgeschriebenen Jahresprüfungen nicht absolviert haben. Ein schwer verkraftbarer Schock für die mutigen Eltern! Doch vielleicht war das der Auftakt für eine unvermutete Lösung. Als eine betroffene Mutter nämlich beim Jugendamt anrief und fragte, wie sie sich die Durchführung dieses Urteils vorzustellen habe, reagierte die zuständige Beamtin ungehalten. Ihr Ärger richtete sich nicht etwa gegen die Betroffenen – derart glückliche, wohl versorgte Kinder bekommen Jugendamtsmitarbeiter ja leider selten zu Gesicht -, sondern gegen das Gericht. Wieso war das für Obsorgefragen zuständige Jugendamt nicht einmal gefragt worden? Und auf welcher rechtlichen Grundlage sollten die BeamtInnen jetzt handeln? Sie waren schließlich nicht für schulische Fragen zuständig, sondern für das KINDESWOHL, und da gab es bei diesen Freilernerfamilien nichts zu beanstanden!
Fazit: Das Jugendamt schickte eine Anfrage an das Höchstgericht und ersuchte um Klärung der Frage, ob selbstbestimmte Bildung an sich als Gefährdung des Kindeswohl definiert werden kann. Eine solche Anfrage kann das Gericht nicht ignorieren! An der Universität Gießen findet am 19.10. übrigens der zweite Juristenkongress zu dem Thema statt (https://fsg-kolloquium.de). Es besteht also Grund zur Hoffnung, dass ENDLICH ein Höchstgericht die wissenschaftliche Erforschung dieser selbstbestimmten Bildungsform anordnet, die in einigen angelsächsischen Ländern inzwischen sogar staatlich gefördert wird, weil die Ergebnisse der Langzeitstudien so positiv sind. Falls diese Studien hierzulande weiterhin nicht anerkannt werden, weil es „ausländische“ Studien sind – ein mehr als seltsames Argument, wenn es um pädagogische Fragen geht! – werden wohl österreichische Studien in Auftrag gegeben werden müssen. Die Freilerner freuen sich darauf, denn sie bemühen sich seit Jahren vergeblich darum, damit den absurden Unterstellungen in verschiedenen Medien endlich solide wissenschaftliche Forschungsergebnisse entgegengestellt werden können!
Mit sehr hoffnungsvollen Grüßen
Alexandra
Scholé-Nachrichten Juli 2018: Selbstbestimmtes Lernen für Reiche und Arme
Liebe Scholé-Freunde,
schon zum 7. Mal haben mein Mann und ich Urlaub in Vassilikos gemacht, das sich von anderen Touristenorten auf Zakynthos so wohltuend unterscheidet, WEIL MAN HIER AUF SCHRITT UND TRITT FREILERNERN ALLER ALTERSSTUFEN BEGEGNET :-)) Statt sich von professionellen Unten-Haltern zerstreuen und ablenken zu lassen, begeistern sie sich an Salsa-Tanzen, lernen Ukulele spielen, Ikonen malen, griechisch kochen, oder erforschen Geschichte, Fauna und Flora der Insel. Ohne Druck, ohne Zwang, mit ganz viel freier Zeit dazwischen und nur solange sie Lust haben. Wir genießen die wunderbar entspannte Stimmung, die hier in der Luft liegt und sich auch auf die griechischen Gastgeber auswirkt: Bescheidene, zufriedene Gäste, die über Jahre immer wieder kommen, werden zu persönlichen Freunden und machen ihnen bewusst, wie kostbar die Natur und die Landschaft sind, die den unverwechselbaren Rahmen für das alles bildet. So konnten Zerstörungen wie in den Nachbarorten bisher erfolgreich verhindert werden.
Obwohl ich an den Kursen nicht mehr aktiv teilnehme, gehe ich gerne zu den allwöchentlich stattfindenden „Finissagen“, festlichen Zusammenkünften unter freiem Himmel oder einem Zeltdach, bei denen die KursteilnehmerInnen vorführen, was sie innerhalb der vergangenen fünf Tage alles geschaffen und dazu gelernt haben: Ich bewundere die 6 bis 16-Jährigen TänzerInnen und ihre junge Trainerin, die gemeinsam eine komplexe Choreografie erarbeitet haben. Den Chor, der mit mitreißender Begeisterung alte und neue Lieder zum Besten gibt. Die phantasievollen Sprachspiele von Menschen, die beruflich mit völlig anderen Dingen zu tun haben. Die Naturstudien künstlerischer Laien, denen beim Malen zum ersten Mal aufgefallen ist, wie viele Schattierungen eine Zwiebel hat, wie rasch sich die Farben des Meeres verändern oder wie komplex eine unscheinbare Oleanderblüte bei genauerem Hinsehen gebaut ist.
Und wie jedes Jahr frage ich mich: Was hindert uns daran, nur noch auf diese lustvolle Weise zu lernen, wenn mit so wenig Aufwand so viel möglich ist? Wozu verschwenden wir unsere Energie auf das Aufspüren, Analysieren und Ausgleichen angeblicher Defizite, anstatt endlich die Blickrichtung umzukehren, uns an den so reichlich vorhandenen Fähigkeiten der Menschen zu erfreuen und ihnen die Möglichkeit zu geben, diese Fähigkeiten nach Herzenslust auszuleben? Warum ziehen die Bildungsministerien anstelle von ExpertInnen für alle nur denkbaren Erziehungsprobleme nicht lieber erfolgreiche Praktiker zu Rate – wie zum Beispiel die KünstlerInnen und KunsttherapeutInnen, die hier bei einem Arbeitseinsatz von 1,5 bis 2 Stunden pro Tag solche Erfolge erzielen und sich dabei selbst noch erholen? Der Wiener Anwalt Wolfgang Löhnert, der diese Freizeit-Bildungsinstitution vor mehr als 20 Jahren gemeinsam mit Kunstbegeisterten gegründet hat, könnte dem Finanzminister vorrechnen, wie unwahrscheinlich kostengünstig ein solches Modell ist, wenn man das Verhältnis von Aufwand und Ergebnis mit dem unseres ebenso kostpieligen wie ineffizienten Schulsystems vergleicht…
Der Einwand, den gerade sozial engagierte Menschen mir oft mit unverhohlener Missbilligung entgegenhalten, lautet: „Trotzdem ist das natürlich ein Luxusmodell, das nur im Kunstbereich gilt und nur für einen ganz kleinen, elitären Teil unserer Gesellschaft in Frage kommt!“ Das mag plausibel klingen, ist aber falsch, wie die folgenden zwei Beispiele beweisen:
Vor vielen Jahren finanzierte eine deutsche Stiftung (ich weiß leider nicht mehr, welche) einen Versuch, bei dem „Schulversager“ aus so genannten Brennpunktschulen in Begleitung von FreizeitpädagogInnen auf ein sechswöchiges Feriencamp geschickt wurden. Dort durfte maximal 2 Stunden pro Tag im herkömmlichen Sinn „gelernt“ werden, die übrige Zeit sollten die Kinder mit Spiel, Sport, Kunst und Theaterspielen verbringen. Alle 60 Schüler und Schülerinnen zwischen 11 und 14 Jahren, viele von ihnen Migrantenkinder, waren vor Beginn des Feriencamps getestet worden. Nach ihrer Rückkehr wurde ihr Bildungsstand erneut überprüft. Das verblüffende Ergebnis: Innerhalb von nur 6 Wochen hatten sie so viel dazu gelernt wie Kinder sonst in 1,5 Schuljahren lernen!!! Ganz abgesehen von den Verbesserungen ihres gesundheitlichen und seelischen Befindens…
Das zweite Beispiel, das mir endgültig die Augen geöffnet hat, stammt aus dem Buch ÜBERLEBENSSCHULE von David Gribble, das ich euch von Herzen empfehlen kann: 1989 gründete die indische Sozialarbeiterin Rita Pannicker in New Delhi die private Organisation Butterflies Child Rights. Auf dem Weg zur Arbeit war sie immer wieder Straßenkindern begegnet. Langsam und vorsichtig versuchte sie sich mit ihnen anzufreunden, denn sie wollte herausfinden, wie diese Kinder es überhaupt schaffen, inmitten von so viel Armut, Not und Gewalt zu überleben. Und sie wollte von ihnen selbst erfahren, welche Art Hilfe sie sich dabei wünschen.
Es war gar nicht leicht, das Vertrauen der Kinder zu gewinnen, denn mit den meisten Erwachsenen – egal ob Polizisten, Sozialarbeiter oder Geschäftsbesitzer – hatten diese Kinder bisher schlechte Erfahrungen gemacht. Sie wurden entweder getreten, verjagt, um ihren Lohn geprellt und misshandelt, oder gegen ihren Willen eingefangen, von ihren Familien getrennt und in Bildungsinstitutionen gesperrt. „Vergiss Bildung – wenn wir lernen, dann sterben wir alle vor Hunger. Eltern, Brüder, Schwestern, alle werden sterben. Die Regierung kann uns unsere Eltern nicht wiederbringen. Wenn es zu Hause genug Geld gibt, dann wären wir ja nicht gezwungen zu arbeiten, dann hätten wir ja gelernt. Wir würden ja gerne lernen, aber wer wird inzwischen alles andere machen?“ So fasste es einer der Jungen bei einer IDEC (International Democratic Education)-Konferenz im Jahr 2000 zusammen.
Rita Pannicker erkannte, dass es darum ging, die unglaublichen Leistungen dieser Kinder zu würdigen, ihren Beitrag zum Überleben der ganzen Familie anzuerkennen und sich für ihre Rechte einzusetzen, anstatt sie zwangsweise in Institutionen einzuweisen, wo zudem meist grauenvolle Zustände herrschen. Gemeinsam mit anderen Freiwilligen baute sie ein Netzwerk auf, das die Kinder bei Auseinandersetzungen mit Polizei und Ladenbesitzern unterstützt, ihnen hilft, einigermaßen sichere Schlafplätze zu finden, sie über ihre Rechte informiert und sie mit demokratischen Spielregeln vertraut macht, so dass sie sich zu Kinderarbeitsgewerkschaften zusammenschließen können. Zu bestimmten Zeiten sind Butterflies-Mitarbeiter unterwegs mit Metallkoffern, die Stifte, Spiel- und Lernmaterialien enthalten. Die Straßenkinder suchen sich selbst aus, was sie spielen oder lernen möchten: „Sie geben uns die Freiheit zu spielen, wir können zu ihnen gehen und einfach nur zeichnen. Wir gehen zu den Kinderversammlungen und dort wird Mitbestimmung wesentlich. In den Versammlungen können wir unsere Meinung äußern, wir können sagen, was wir lernen wollen.“
Die Organisation Butterflies gibt es inzwischen in vielen extrem armen Regionen, und überall hat sich gezeigt: Wenn sie sich um ihre eigenen Belange kümmern dürfen und ihre Würde gewahrt wird, erlernen selbst schwer arbeitende Kinder Lesen, Schreiben und andere wichtige Dinge einfach nebenbei. Und zwar ohne ihre Familien im Stich lassen zu müssen und ihre bewunderungswürdigen Überlebensfähigkeiten einzubüßen – während Straßenkinder, die zwangsbeschult wurden, sich danach im Leben oft nicht mehr zurechtfinden… Die dank Butterflies selbstermächtigten Kinder hingegen lernen, wie derselbe indische Straßenjunge im Jahr 2000 berichtete, noch etwas, was in der Welt von morgen überlebenswichtig sein wird: internationale Solidarität. „Ein weiteres Beispiel, was wir bei Butterflies gemacht haben: Vor sehr kurzer Zeit, vor eineinhalb Jahren, gab es in unserem Land Krieg mit Pakistan. Das war in Kargil, dort wo die Kämpfe stattfanden und viele Menschen starben. Aber die Kinder waren diejenigen, die in den Dörfern beider Länder am meisten davon betroffen waren. Wir diskutierten das in der Gewerkschaft, und wir fanden, dass es wichtig ist, dass wir uns mit den Kindern dieser Gegend, die vom Krieg betroffen sind, solidarisieren. Also sammelten wir Geld und schickten es den Kindern beider Länder.“
Kinder helfen Kindern. Die Armen den Ärmsten. Und alle wachsen daran. Das ist der Weg zum Weltfrieden.
Schöne selbstbestimmte Hochsommertage wünscht euch herzlichst
Alexandra
Scholé-Nachrichten Juni 2018 – Ideal und Realität
Liebe Scholé-Freunde,
die meisten von euch haben wahrscheinlich den einen oder anderen Zeitschriftenartikel in Profil oder News gelesen, wo wieder einmal LAIS, Colearning, Homeschooling und Freilernen in einen Topf geworfen wurden, den man dann mit dem Warnschild „Finger weg: Sekten! Antisemitismus! Esoterik! Staatsverweigerer!“ versehen hat. Auf vorbildliche Weise beherzigen die Redakteure selbst diese Warnung: Mit Recherchen halten sie sich nicht auf, es genügt ihnen die Meinung der Sektenberatungsstelle…
Ich kann mich noch gut an die Zeit erinnern, als Montessori- und Waldorf-Schulen mit ganz ähnlichen Totschlag-Argumenten diffamiert wurden. Vor 30 Jahren gehörte Mut dazu, sich für eine unter Sektenverdacht stehende Alternativschule zu entscheiden, wo die Kinder angeblich nichts Vernünftiges lernen, sondern nur herumspielen… Viele Eltern haben diese Entscheidung auch keineswegs freiwillig getroffen, sondern weil ihnen nichts anderes übrig blieb, wenn ihre allzu sensiblen Kinder mit der Regelschule einfach nicht zurechtkamen. Den Behörden war und ist es bis heute durchaus recht, dass „verhaltensauffällige“ Schüler von privaten Alternativschulen aufgefangen werden. Deshalb werden diese Schulen vom Staat geduldet, wenn auch nicht finanziert: Hoch sensible Kinder muss man sich eben leisten können, nicht wahr?
Die AlternativschülerInnen von damals sind inzwischen erwachsen und stehen, entgegen allen Unkenrufen, meist erfolgreich und zufrieden im Leben. Viele von ihnen sind inzwischen selbst Eltern und bereit, noch einen Schritt weiter zu gehen: Die Zahl der Freilerner und der alternativen Einrichtungen steigt mit der Zahl hoch sensibler Kinder, deren Eltern darin keine „Krankheit“ sehen, sondern einen Grund zur Freude. Weniger Freude haben damit offenbar die Bildungsverantwortlichen, denen die lückenlose Kontrolle über den Nachwuchs zu entgleiten droht. Zum Glück finden sich immer wieder gesprächsbereite und einfühlsame Beamte und Beamtinnen, für die das Kindeswohl im Vordergrund steht. Sie sind deshalb bereit, mit mutigen Eltern zu kooperieren und maßgeschneiderte Lösungen zu finden.
Artikel wie „Voodoo Pädagogik“ fallen diesen aufgeschlossenen Beamten jedoch in den Rücken. Sie sind Wasser auf die Mühlen der unerbittlichen Behördenvertreter, denen es nur darum geht, ohne Wenn und Aber „ihre Pflicht zu erfüllen“. Als Leserin frage ich mich, wie eine derart fahrlässige Berichterstattung zu verantworten ist angesichts der Tatsache, dass dieselben Zeitschriften fast jede Woche alarmierende Artikel über den „Bildungsnotstand“ in Österreich veröffentlichen: Über steigende Gewalt an Schulen, Lehrer-Burnout, Schüler mit schwerwiegenden psychischen und gesundheitlichen Problemen, Suchtgefährdung, katastrophale Testergebnisse, SchulabgängerInnen ohne Zukunft, die weder rechnen noch sinnerfassend lesen können, usw.
Wäre es nicht die Pflicht einer demokratischen Gesellschaft, endlich Alternativen zu erproben? Endlich das Wohl der jungen Menschen in den Mittelpunkt zu stellen und nicht die Erhaltung des Systems? Endlich Bildungs-Pioniere und Pionierinnen, die den Mut haben, sich auf Neues einzulassen, fachlich und finanziell zu unterstützen, anstatt ihnen das Leben schwer zu machen? Endlich selbstbestimmte Kinder, die mit Freude aus eigenem Antrieb lernen, systematisch zu beobachten, um die daraus gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnisse auch den Schulkindern zugute kommen zu lassen?
Wäre es nicht die Pflicht demokratischer Medien, sich mit Initiativen aus der Zivilgesellschaft unvoreingenommen zu beschäftigen? Genaue Recherchen darüber anzustellen, bevor man sie einer größeren Öffentlichkeit vorstellt? Und innovative Projekte gegen althergebrachte Vorurteile zu verteidigen? Wäre es nicht die Aufgabe junger Journalisten, die Partei der Kinder und Jugendlichen zu ergreifen und sich für das Recht auf Bildungsfreiheit einzusetzen, anstatt nach noch mehr Überwachung und Kontrolle zu rufen?!
Ich bitte euch, in eurem Bekanntenkreis diese Fragen zu verbreiten. Bei erschreckend vielen Menschen beobachte ich eine Art bedingten Reflex, ungeschaut alles zu verdammen, was die Medien ins rechte oder esoterische Eck gestellt haben. Bitte schaut nicht weg, sondern schaut hin! Lasst euch nichts einreden, weder im Positiven noch im Negativen! Fordert Fakten anstelle unbewiesener Meinungen! Gebt jungen Initiativen eine Chance, Anfangsschwierigkeiten zu überwinden und sich zu entwickeln! Aber holt Hilfe, wo ihr mit eigenen Augen Missstände wahrnehmt – egal ob im Schulsystem oder außerhalb.
Und achtet bei der Beurteilung von Bildungswegen bitte darauf, dass nicht die REALITÄT des einen Weges mit dem IDEAL des anderen Weges verglichen wird! Abenteuerliche Behauptungen, man könne in 2 Tagen Lesen und Schreiben lernen oder den Mathematikstoff der Oberstufe innerhalb von 4 Wochen beherrschen, entbehren jeder realen Grundlage. Sie sind im übrigen nicht Teil der LAIS-Philosophie, sondern standen kurze Zeit auf einer einzigen Homepage und sind von dort aus gutem Grund rasch wieder verschwunden. In unseren Gesetzesbüchern steht dagegen immer noch die absurde Bestimmung, wonach ein zum häuslichen Unterricht angemeldetes Kind, das bei der Jahresprüfung mit 7 oder 8 Jahren noch nicht sinnerfassend lesen kann, nie wieder frei lernen darf: Es muss nun zur Schule gehen, wo 25% seiner Mitschüler das mit 14 oder 15 Jahren noch nicht können…
Ich wünsche euch schöne, unbeschwerte Sommertage!
Alexandra
Scholé-Nachrichten Mai 2018 – Christinas Vision für die Kinder der Neuen Zeit
Liebe Scholé-Freunde,
in den vergangenen Wochen habe ich mit vielen Menschen über das Thema BILDUNGSFREIHEIT gesprochen. Obwohl ich mich redlich um Klarheit bemüht habe und meine Gesprächspartner alle aufgeschlossen und gutwillig waren, hatte ich bei den meisten doch das Gefühl, dass ihr „geschulter Verstand“ sich gegen meine Ausführungen teilweise sträubte. Ich glaube, das liegt vor allem daran, dass die Forderung nach Bildungsfreiheit tatsächlich ein viel umfassenderes Menschenbild voraussetzt als jenes, von dem unser derzeitiges Bildungssystem ausgeht. Wo Bildung nicht mehr als Recht, sondern als Pflicht definiert wird, hat die Freiheit keinen Stellenwert, denn sie ist ein Kind der Muße!
Wie ihr wisst, bin ich davon überzeugt, dass unsere besten Lehrer die hoch sensiblen Kinder der neuen Zeit sind. Das habe ich selbst oft und oft erfahren, aber noch nie auf so unmittelbare und überwältigende Weise wie bei der Begegnung mit Christina von Dreien! Mit gerade einmal 16 Jahren hat dieses in der Schweiz geborene und aufgewachsene Mädchen, das über ein mehrdimensionales Bewusstsein verfügt, im letzten Jahr begonnen, ihre Weisheit und ihr erstaunliches Wissen in die Welt hinaus zu tragen. Sie hält Vorträge im gesamten deutschsprachigen Raum, alle 14 Tage gibt es unter dem Titel „Time to be“ eine einstündige TV-Sendung mit ihr (auf Youtube jederzeit abrufbar), und im Govinda Verlag sind auch schon 2 Bücher erschienen, in denen ihre Mutter Bernadette einen Teil der Einsichten und Erkenntnisse zusammenfasst, mit denen ihre Tochter sie von früher Kindheit an überraschte. Hier ein Auszug aus dem zweiten Band „Die Vision des Guten“ (Seite 288 ff.), in dem es um den notwendigen Wandel im Bildungssystem geht:
„Das heutige Lernen an Schulen und Hochschulen wird einseitig durch den rationalen Verstand der linken Hirnhemisphäre dominiert, während das rechtshemisphäre, also das komplexe, emotionale und intuitive Denken vernachlässigt wird. Dadurch liegt bei den meisten Menschen ein immenses geistiges Potential ungenutzt brach. Die zur Starrheit neigenden Denkmuster des einseitig-rationalen Verstandes lassen sich durch fremde, unlichte Einflüsse leichter programmieren und manipulieren, was wohl erklärt, warum das herrschende System ausschließlich diesen Teil fördert.
Solange sich das Bildungssystem und die Wissenschaften selbst solche Grenzen setzen, wird es sehr schwierig sein, dass positive, visionäre Ideen und Innovationen sich durchsetzen. Wenn es uns gelingt, uns nicht mehr durch unsere Konditionierungen und durch unsere veralteten Konzepte, Strategien und Moralvorstellungen selbst Grenzen zu setzen, dann werden wir wahrlich kreativ und werden offen für alle Möglichkeiten – eben wie ein spontanes, unbeschwertes und vertrauensvolles Kind.
Christina erklärt: „In unserem Körper verfügt jede Zelle über die exakte Information, welche hochkomplexe Funktion sie ausüben soll. Dasselbe Verhalten finden wir auch bei jeder Pflanze und bei jedem Tier. Sie leben gemäß ihrer Natur, ohne Lehrer und ohne Lernvorgaben. Alles scheint harmonisch organisiert zu sein und funktioniert über ihr eigenes Bewusstsein. Warum sollten wir als menschliche Wesen das nicht auch schaffen? Grundsätzlich sind wir alle von Natur aus hochbegabt.“
Es gibt mittlwerweile ausreichend viele Beispiele von Menschen, die nie eine herkömmliche Schule besucht haben und die trotzdem großartige Begabungen offenbaren und leben. Sie lesen, schreiben, sprechen fremde Sprachen und kennen sich in irgendeinem Gebiet, das ihrer Berufung und ihrem Potenzial entspricht, überdurchschnittlich gut aus. Lernforscher haben längst erkannt, dass das wirkliche Lernen in dem Moment stattfindet, wenn der betreffende Mensch mit Herz und Seele bei der Sache und voll motiviert ist. Daraus folgt, dass es wenig sinnvoll ist, für eine ganze Gruppe von Menschen, beispielsweise eine Schulklasse oder eine Ausbildungsgruppe, einheitliche Lernziele zu formulieren. Denn eine Gruppe besteht immer aus Individuen, und jedes Individuum ist einmalig und einzigartig. Wenn man versucht, alle in denselben Topf zu werfen, dann wird man am Ende höchstwahrscheinlich keinem einzigen von ihnen gerecht.
Der Schlüssel für ein zukünftiges sinnvolles Lernen besteht darin, seinem Seelenplan und seiner Intuition zu folgen und dabei sein volles Potenzial zu entfalten. Wenn ein Kind (oder auch ein Erwachsener) diesen individuell zugeschnittenen Entfaltungsrahmen zur Verfügung gestellt bekommt, wird es freudvoll genau das lernen, was es lernen will und wofür es eine spontane, natürliche Motivation verspürt. Ebenso wird es dann lernen, wenn es möchte, und auf die Art und Weise, die ihm entspricht. Wer ohne äußeren Zwang und Druck lernen und sich gemäß seinem Seelenplan harmonisch entfalten kann, wird ein glückliches, erfülltes, kreatives und wertvolles Mitglied der menschlichen Gesellschaft werden. Solche Menschen sind die Hoffnungsträger für die Zukunft, denn sie zeigen durch ihr eigenes Beispiel neue Perspektiven auf, die nicht auf künstlichen, unlichten Abhängigkeitssystemen, sondern auf den freilassenden universellen Gesetzen des Lichts beruhen.
In dieser vielversprechenden Zeit des Umbruchs geht es also darum zu erkennen, was für ein immenses Potenzial an Wissen und an Begabungen in jedem Menschen vorhanden ist. Es geht darum, dieses Potenzial sich möglichst frei entfalten zu lassen, denn sobald dies geschieht, wird sich die Gesellschaft grundsätzlich und nachhaltig zum Guten verändern. Jeder Mensch sehnt sich danach, in seiner Einzigartigkeit als wertvoll wahrgenommen zu werden. Jeder Mensch sehnt sich danach, seiner Bestimmung zu folgen und seine Talente zu leben. Wenn ihm dies ermöglicht wird, dann entfällt auch der ganze destruktive Konkurrenzkampf oder das verzweifelte Ringen um Aufmerksamkeit und Anerkennung…
In Christinas Vision für eine zukünftige Schule wird es nicht mehr so sein, dass ein Lehrer autoritär vor seinen Schülern steht und diese einseitig mit seinem angelernten Wissen ‚unterrichtet‘. Vielmehr wird es so sein, dass Schulen Orte des harmonischen Zusammenlebens und des gemeinsamen und wechselseitigen Lernens zwischen Lehrern und Schülern sind… Christina erklärt: „Das ganze Leben bedeutet zu lernen, denn das Lernen ist kein Prozess, der irgendwann abgeschlossen ist. Beim Lernen gibt es auch kein ‚richtig‘ oder ‚falsch‘, denn Lernen ist grundsätzlich individuell sowie auch orts- und personenunabhängig. Man kann immer und überall lernen, und man braucht dazu keine Schulgebäude und keine Lehrpersonen.“
Pfingsten, das Fest des Geistes, der weht, wo ER will, scheint mir der richtige Zeitpunkt zu sein, um mit euch allen die Zuversicht zu teilen, die ich verspüre, seitdem ich weiß, dass die Bildungsfreiheit nun eine Fürsprecherin wie Christina hat: Diesem zarten Mädchen werden sich alle „unlichten“ Mächte und Gewalten beugen müssen, sogar die scheinbar unbesiegbare Macht der Gewohnheit 🙂
mit lichten Grüßen
Alexandra
Postskriptum zu den Scholé-Nachrichten Mai 2108 – Entmystifizierung der Esoterik
Liebe Scholé-Freunde,
ich habe das Gefühl, dass ich euch noch eine grundsätzliche Erklärung zur Botschaft von Christina von Dreien schulde. Bei manchen Freunden und Freundinnen der Muße für Herz und Geist hat sie helle Freude ausgelöst, bei anderen eher Zweifel und Misstrauen geweckt, weil sie „nach Esoterik riecht“. In den letzten zwei Tagen habe ich nach Argumenten gesucht, um die Zweifler – nein, nicht zu beschwichtigen, sondern darüber aufzuklären, woher ihre Ängste und Bedenken kommen: Der Begriff Esoterik gehört endlich entmystifiziert!
Wusstet ihr, dass die größten Naturwissenschaftler – unter ihnen Newton, Kepler, Einstein, Planck oder Schrödinger – Mystiker waren, also Menschen, die sich der INNENSCHAU widmeten (wörtlich: mit geschlossenen Augen schauten) und auf diese Weise zu bahnbrechenden neuen Erkenntnissen gelangten, wie sie selbst in ihren Schriften und Briefen betont haben?
Habt ihr schon einmal darüber nachgedacht, warum Diktatoren seit jeher weisheitsliebende Philosophen oder Dichter und Liedermacher, die Frieden und Liebe besangen, mehr gefürchtet haben als schwer bewaffnete Gegner?
Wundert ihr euch auch manchmal darüber, dass die Kirche noch heute Freidenker wie Eugen Drewermann mit Berufsverbot belegt? Oder dass ein Friedensaktivist wie der Schweizer Historiker Daniele Ganser aus allen akademischen Zirkeln verbannt und von den Massenmedien als Verschwörungstheoretiker denunziert und lächerlich gemacht wird?
SEID IHR SCHON EINMAL DER FRAGE NACHGEGANGEN, WARUM IN UNSERER LIBERALEN GESELLSCHAFT AN SÄMTLICHEN SCHALTSTELLEN DER MACHT SO VIEL ENERGIE DARAUF VERWENDET WIRD, DIE ESOTERIK ABZUWERTEN?
Als ich selbst noch zu den Zweiflern gehörte, habe ich mir einmal diese Frage gestellt. So fand ich heraus, dass das griechische Wort esoterikos einfach NACH INNEN GERICHTET bedeutet – und das hat mir doch sehr zu denken gegeben… Worin Amtskirchen, Sekten, Politiker aller Parteien, seriöse Medien, Schulen und Universitäten in wahrhaft bemerkenswerter Weise übereinstimmen, ist also das Bestreben, uns mit allen Mitteln davon abzuhalten, unsere Aufmerksamkeit NACH INNEN zu lenken?!
DIE ENERGIE FOLGT DER AUFMERKSAMKEIT. Menschen, die sich dieser fundamentalen Tatsache bewusst geworden sind, machen die Erfahrung, dass sie ihr Leben selbst steuern können bzw. dass ihr Leben „wie von selbst“ einen für sie positiven Verlauf nimmt, wenn sie auf ihre INNERE Stimme hören.
Der Satz lässt sich auch umdrehen, denn das Wissen um die kosmischen Gesetze, zu denen das Resonanzgesetz von Energie und Aufmerksamkeit zählt, ist uns allen eingeboren: Kinder und Jugendliche, deren Aufmerksamkeit NICHT von „Erziehern“ nach außen gelenkt wird, so dass sie sich ungestört nach ihrem eigenen INNEREN Kompass richten können, erfahren Schritt für Schritt ihre Selbstwirksamkeit und werden „wie von selbst“ zu unabhängigen, selbstbestimmten Erwachsenen.
Die große Mehrheit unserer Zeitgenossen durfte bekanntlich nicht so aufwachsen und ist sich des kosmischen Gesetzes daher NICHT MEHR bewusst. Unter-richt, Unter-haltung und Nach-richten haben verlässlich dafür gesorgt, dass ihre Aufmerksamkeit von früher Kindheit an ständig nach außen abgelenkt wurde. Dadurch ist ihnen der Zugang zu ihrem INNEREN WISSEN verloren gegangen, also können sie sich nur noch an Gesetzen orientieren, die von Menschen festgelegt wurden. Das macht sie zu Spielbällen der gerade herrschenden Mächte und Meinungen! Denn wo die Selbststeuerung fehlt, nisten sich automatisch fremde, von außen kommende Gedanken und Überzeugungen ein.
Sich selbst entfremdete Menschen zu steuern, ist für religiöse, politische oder wirtschaftliche Machthaber ziemlich einfach: Es genügt, ihre Aufmerksamkeit in die gewünschte Richtung zu lenken – seien das nun vorgezeichnete spirituelle Heilswege, politische Richtungen, berufliche Karrieren, ausgewählte Nachrichten oder durch Werbung beeinflusste Konsumentscheidungen.
Die wichtigste Voraussetzung ist in jedem Fall, dass die Menschen davon abgehalten werden müssen, IN SICH SELBST die Quelle ihrer SELBSTMÄCHTIGKEIT zu entdecken! Dort würden sie nämlich nichts als Liebe und Verbundenheit mit sich und allen anderen Lebewesen vorfinden… Als nützliche Idioten – als Untertanen, willfährige Sklaven, eifrige Konkurrenten, brave Soldaten, Parteigänger, Nationalisten, religiöse Fanatiker, unersättliche Konsumenten, gläubige Mediennutzer oder ängstliche Kontrollfreaks – wären sie für die Exoteriker, die gerade an der Macht sind, somit gänzlich unbrauchbar!
So wie der Krieg, der nur eine Variante davon ist, kennt dieses exoterische Machtspiel aber letztlich auf beiden Seiten nur Verlierer. Denn Herrschende wie Beherrschte sehen sich gleichermaßen gezwungen, ihren ebenfalls eingeborenen freien Willen dazu zu missbrauchen, miteinander auf Teufel komm raus zu konkurrieren, um zu überleben oder immer schneller, besser, reicher und mächtiger zu werden!
Noch nie gab es so viele Menschen auf der Welt, die sich weder durch Strafen noch durch die Gefahr der Lächerlichkeit davon abhalten lassen, aus diesem exoterischen Machtspiel auszusteigen und den Weg NACH INNEN zu suchen, um endlich durch die Versöhnung von Innen und Außen, Exoterik und Esoterik, Frieden mit sich und der Welt zu schließen. Manche von ihnen haben so wie ich aus eigenen Fehlern gelernt, andere sind schon als Friedensbringer zur Welt gekommen wie Christina von Dreien. Dass die Zeit reif ist für ihre Botschaft, ist mir gestern übrigens auf äußerst unerwartete Weise bestätigt worden:
Um meinen Schwiegereltern eine Freude zu machen, habe ich sie eingeladen und mir mit ihnen die Hochzeit von Prinz Harry im TV angeschaut. Der schwarze Pastor, der auf ausdrücklichen Wunsch der Braut aus Amerika eingeflogen wurde und eine flammende Predigt hielt, die von Hunderten Millionen an den TV-Schirmen gehört wurde, hat – ohne ihren Namen zu nennen – mit einem Lieblingssatz von Christina geendet: „Wenn wir alle IN UNS die Energie der Liebe entfesseln, dann hat die Menschheit ein zweites Mal in ihrer Geschichte das Feuer entdeckt.“
PPS.:
Melanie Hetterich hat für die INITIATIVE BILDUNGSFREIHEIT eine neue Homepage entworfen! Zu finden ist sie unter der neuen Adresse www.bildungsfreiheit.com
herzlich
Alexandra
Scholé-Nachrichten April 2018 / Es geht ums Ganze
Liebe Scholé-Freunde,
Ich würde mich freuen, wenn ihr ab und zu auf unsere eben erst eröffnete Homepage
http://www.bildungsfreiheit.com schaut und sie eventuell um einen eigenen Beitrag bereichert: Willkommen sind vor allem ganz konkrete positive Beispiele, die Mut zur Freiheit machen!
In den letzten Wochen hat sich viel getan: Da gab es das erste über die Pioneers of Change organisierte Bildungsfreiheits-Treffen im Markhof, bei dem sich alle einige waren, wie notwendig eine Alternative zum derzeitigen Schulsystem vor allem für Hochsensible (Kinder UND Erwachsene!) wäre!
Aber auch innerhalb des Systems leiden immer mehr Menschen an den herrschenden Zuständen und würden lieber heute als morgen einen echten Bildungswandel einleiten. Eindrucksvoll bewiesen hat mir das ein Gespräch mit Josef Hörndler, dem Pflichtschulinspektor für das Mostviertel, und der ebenfalls unglaublich aufgeschlossenen Direktorin der Volksschule in Allhartsberg, zu dem mich eine Freilernermutter letzte Woche mitnahm. Wir wurden extrem freundlich empfangen und hatten volle 2 Stunden Gelegenheit, mit den beiden über die Anliegen der Freilerner sowie unseren Wunsch nach Bildungsfreiheit für ALLE Kinder zu sprechen. Zum Abschied schenkte Josef Hörndler auch noch jeder von uns ein Exemplar seines Buches „Es geht ums Ganze“ mit persönlicher Widmung.
Dieses Gefühl, dass es ums Ganze geht, scheint im Moment viele Menschen zu erfassen: Halbherzige Reformen genügen nicht mehr, um die Risse und Sprünge in unseren sozialen Systemen zu kitten – solche Reformen sind schon veraltet, noch ehe sie umgesetzt werden konnten. Trotzdem fällt es den meisten immer noch schwer, wirklich GROSS zu denken… Gestern traf ich mich mit dem Bildungssprecher von NEOS, der derzeit einzigen Parlamentspartei, die in Sachen Bildung wirklich innovative Ansätze zu entwickeln versucht. Überzeugt hat mich vor allem ihre Idee, parallel zum derzeitigen Unterrichtssystem ein alternatives Modell einzuführen: Menschen, die den Mut zu mehr Selbstbestimmung haben, könnten so mit den Füßen gegen das „abgesicherte“ alte und für das „offene“ neue Modell abstimmen.
Doch meiner Überzeugung nach sind die Ziele des neuen Modells noch nicht hoch genug gesteckt, und eben deshalb laufen sie Gefahr, in der parlamentarischen Debatte bis zur Unkenntlichkeit weiter verwässert zu werden… Die Forderung nach echter Bildungsfreiheit dagegen könnte ungeahnte Energien bei allen Betroffenen mobilisieren! Allerdings müsste das Recht auf selbstbestimmte Bildung auf dem Weg über die Höchstgerichte erfochten werden, damit es nicht zum Spielball des Parteienstreits herabgewürdigt werden kann. Wie es im Moment aussieht, ist das die Linie, die wir in den kommenden Monaten verfolgen werden.
Eine wirksame Unterstützung unseres Vorhabens erhoffe ich mir allerdings auch noch von ganz anderer Seite: In der Schweiz kam am Ostersonntag vor 17 Jahren ein Mädchen mit mehrdimensionalem Bewusstsein zur Welt. Sie nennt sich Christina von Dreien und ist nach Abschluss ihrer Schulzeit 2017 erstmals öffentlich aufgetreten. Zu ihren vordringlichsten Anliegen zählt die Veränderung des Bildungssystems, weil die Kinder der neuen Zeit mit dem alten Zwangssystem ebenso wenig zurechtkommen wie die Schule mit ihnen. Auch wenn die Rationalisten unter euch mir da vielleicht nicht folgen können oder wollen: Diesem zarten Mädchen, die gemeinsam mit ihrer Mutter Bernadette schon 2 Bücher veröffentlicht hat, traue ich wie niemandem sonst die Verwirklichung meiner Vision von “Muße für Herz und Geist“ zu…
In Vorfreude auf ungeahnte Möglichkeiten, die sich eröffnen könnten, grüße ich euch herzlich
Alexandra
Scholé Nachrichten März 2018: Aufstellung zur Bildungsfreiheit / Entgegnung vor Gericht
Liebe Scholé-Freunde,
Danke für die vielen positiven Rückmeldungen auf den Vorschlag, eine zivilgesellschaftliche INITIATIVE für BILDUNGSFREIHEIT zu starten! Angeregt durch den Pioneers of Change Online-Kongress (er hatte über 10.000 Teilnehmer!) hat Melanie Hetterich die Pioneers of Change-Plattform genutzt, um ein Gruppentreffen zum Thema Bildungsfreiheit auszuschreiben.Ebenfalls im Markhof haben wir Mitte März eine verdeckte Aufstellung zu dem Thema gemacht (Sibylle hat dankenswerter Weise dabei mitgeschrieben). Diese Aufstellung hat uns interessante Aufschlüsse darüber gegeben, was für den Erfolg unserer Initiative BF besonders wichtig ist: So sagte die Repräsentantin der MENSCHENRECHTE (die zu dem Zeitpunkt ja noch gar nicht wusste, wen oder was sie darstellte), hinter einem Sessel versteckt auf dem Boden kauernd, wörtlich: „Ich habe schon Feuer unter dem Hintern! Ich warte nur darauf, endlich gerufen zu werden“! Klingt das nicht ermutigend?
Das GERICHT wiederum (dessen Repräsentantin sich als „selbstgerechten Kotzbrocken“ beschrieb), änderte auf einmal seine Haltung, als es den REGELSCHULEN begegnete. Es sieht also ganz so aus, als wären engagierte LehrerInnen IM Regelschulwesen entscheidend, um die Richter (die ja ebenso wie die Lehrer Staatsbeamte sind) von der Notwendigkeit einer Neudefinition des Menschenrechts auf Bildung zu überzeugen! Reformschulen und Freie Schulen, die sich auch untereinander nicht ganz einig waren, nahm das GERICHT deutlich weniger Ernst :-)) Aber es äußerte klar, wovor es Respekt hat: Vor denen, die mutig und frei sind!
Die BILDUNGSFREIHEIT selbst war in einem beklagenswerten Zustand. Sie fühlte sich total an die Wand gedrängt und schwer bedroht. An ihrer Seite standen nur die MONTESSORISCHULEN (das einzige Reformschulkonzept, das Eingang ins Regelschulwesen gefunden hat!), doch sie konnten nichts für sie tun. Erst als unsere INITIATIVE BF das Feld betrat, meinte die BILDUNGSFREIHEIT, nun hätte sie endlich „einen Anker“ gefunden!
Das FREIE SPIEL nahm die zentrale Position in der Mitte des Feldes ein. Die BILDUNGSFREIHEIT war froh, es zu sehen, während alle übrigen (Schulen, Lehrer, Reformschulen, freie Schulen, Colearning Space, Gericht, Prüfungen usw.) so sehr mit sich oder miteinander beschäftigt waren, dass sie es gar nicht wahrnahmen. Das SPIEL fand das sehr bedauerlich, seinem Selbstbewusstsein und seiner Lebendigkeit tat das aber keinen Abbruch.
Die LEHRER interessierten sich ausschließlich für die PRÜFUNGEN, die einen festen Stand in der Mitte des Feldes hatten. Als jedoch das GERICHT und die MENSCHENRECHTE miteinander Kontakt aufnahmen, gingen die PRÜFUNGEN in die Knie (!) und wollten sich dann sogar hinsetzen. Dadurch erhielten die LEHRER erstmals freien Blick auf das SPIEL.
Die FREILERNER standen von Anfang bis Ende am äußersten Rand des Feldes neben der Tür, sahen manchmal vergnügt, manchmal eher besorgt zu, was da passierte, und hielten sich für alle Fälle den Fluchtweg offen. Ganz zum Schluss richtete sich das besondere Interesse der endlich zu neuem Leben erwachenden MENSCHENRECHTE jedoch ausgerechnet auf die FREILERNER, die bisher kaum jemand beachtet hatte.
Damit hat die Aufstellung einen Zustand vorweggenommen, der sich hoffentlich bald auch in der Alltagswirklichkeit manifestieren wird!
Noch fühlen sich viele RichterInnen in Österreich verpflichtet, Freilernerfamilien zu bestrafen, wenn die Kinder nicht zu den vorgeschriebenen Jahresprüfungen antreten oder sie nicht bestehen. Warum ich das ganz und gar ungerechtfertigt finde, habe ich in einer allgemein gehaltenen ENTGEGNUNG zusammenzufassen versucht:
Mit der Anklage wird uns Eltern selbstbestimmt lernender Kinder unterstellt, unsere Söhne und Töchter
A) BEWUSST zu schädigen, was verbrecherisch wäre. Oder
B) ihnen UNBEWUSST Schaden zuzufügen, was bedeuten würde, dass wir unzurechnungsfähig sind!
Da erwiesenermaßen weder A) noch B) zutreffen (siehe dazu die Äußerungen des Jugendamts, beiliegende Gutachten, Zeugenaussagen usw.), können die der Klage zugrunde gelegten ANNAHMEN nicht den Tatsachen entsprechen:
1) die Annahme, dass Schulbildung für das Wohl eines Kindes unerlässlich sei.
2) Die Annahme, dass verpflichtende Prüfungen über den Schulstoff der einzige Weg wären, das MENSCHENRECHT jedes Kindes auf Bildung zu gewährleisten.
3) Die Annahme, dass positive Schulabschlusszeugnisse ein erfolgreiches und erfüllenden Berufsleben garantieren könnten.
Gegenbeweise für Annahme 1) finden Sie in der Anlage: In angelsächsischen Ländern hätte man das Recht auf prüfungsfreies Unschooling sicher nicht ausdrücklich geschützt, wenn Annahme 1) korrekt wäre.
Auch neuere und neueste Erkenntnisse aus Gehirnphysiologie, Verhaltensforschung, Pädagogik und Psychologie zeigen, dass Schulunterricht und Prüfungen, wie sie heute weltweit üblich sind, den Talenten und Bedürfnissen (vor allem hoch sensibler) Schüler und Schülerinnen vielfach nicht gerecht werden. Eben dies ist der Grund, weshalb engagierte Eltern neue Wege suchen!
Dass die Annahme 2) nicht auf Tatsachen beruht, lässt sich am einfachsten durch statistische Zahlen belegen: Etwa 25% der PflichtschülerInnen sind nach 8 Jahren regulären Unterrichts und regelmäßig abgelegter Prüfungen nicht einmal in der Lage, sinnerfassend zu lesen oder einfache Rechnungen zu lösen. Sie scheitern also noch mit 14 oder 15 an Aufgaben, die von frei lernenden Kindern schon im Alter von 7 oder 8 Jahren bei Externistenprüfungen gefordert werden! Weitaus tragischer ist aus unserer Sicht allerdings die Vorstellung, welch kostbare Fähigkeiten und Fertigkeiten in der Schule gescheiterte und gedemütigte Kinder auf anderen Gebieten entwickelt hätten, wenn man ihnen ermöglicht hätte, sich ihrem inneren Lehrplan gemäß frei zu entfalten…
Jede Menge Gegenbeweise für Annahme 3) liefern ebenfalls die statistischen Zentralämter. Die wenigen existierenden Studien über frei lernende Kinder dagegen zeigen, dass sich diese im späteren Leben sowohl sozial als auch beruflich leichter und besser in die Gesellschaft integrieren als vergleichbare Schulabgänger.
Deshalb treten wir dafür ein, selbstbestimmtes Lernen rechtlich nicht mehr automatisch mit Schulschwänzen gleichzusetzen und es endlich auch in Österreich wissenschaftlich zu erforschen, anstatt es aufgrund längst widerlegter Annahmen weiterhin unter Strafe zu stellen!
Am Dienstag nach Ostern wird ein lieber Freund mir helfen, eine eigene Homepage für die Initiative Bildungsfreiheit zu erstellen. Dann melde ich mich wieder.
Frohe Ostern!
Alexandra, Sibylle und Melanie
Februar 2018 – Initiative für Bildungsfreiheit
März 2017: Vom kritischen zum kontruktiven Denken
November 2015: Global Scaling, Arno Stern-Fest
März 2015: Lais 1, Richard Kandlin