Juli 2017

Juli 2017


Liebe Scholé-Freunde,

LAIS, eine Wiederentdeckung natürlicher Lernprozesse, ist kürzlich in einigen österreichischen Medien scharf angegriffen worden. Ohne dass die Redakteure sich die Mühe gemacht hätten, sachliche Recherchen anzustellen, fuhren sie gegen die ersten LAIS-Schulen gleich mit schwerem Geschütz auf: Sektierertum, Rechtslastigkeit, Antisemitismus… Derlei verbale Kanonen werden meiner Erfahrung nach besonders gerne in Stellung gebracht, wenn Diskussionen über allzu grundsätzliche Fragen schon im Keim erstickt werden sollen. Soweit ich beurteilen kann, sind alle gegen LAIS erhobenen Vorwürfe ebenso frei erfunden wie die damit verknüpfte Behauptung, die russische Schetininschule sei eine Anastasia-Gründung. Wahr ist vielmehr, dass die Schetininschule (von der LAIS die Schaubildarbeit übernommen hat) bereits mehr als 15 Jahre lang existierte, als der Autor Wladimir Megre den ersten der 10 Bände seiner viel gelesenen Anastasia-Romane schrieb. Und wahr ist auch, dass Megre der kleinen Schule im Kaukasus einen Bärendienst erwies, indem er sie in zwei Büchern namentlich erwähnte. Der Schuldirektor erhielt von begeisterten Lesern nämlich auf einmal so viele, oft absurde Anfragen, dass er mit der Öffentlichkeit seither überhaupt nichts mehr zu tun haben will.

Als Begründung für die medialen Attacken auf LAIS und viele andere von Naturliebe inspirierte Bewegungen wird vor allem die notwendige Distanzierung von der Blut und Boden-Ideologie der Nationalsozialisten angeführt. Soweit dieses Argument ernst gemeint ist, kann man es nur begrüßen. In vielen Fällen wird es aber aus rein strategischen Gründen vorgeschoben, um Menschen zu diffamieren, die unsere materialistische Wettbewerbsgesellschaft grundsätzlich in Frage zu stellen wagen. Es ist eine sehr bewährte Taktik, die ich allerdings schon so lange kenne, dass sie bei mir nicht mehr „zieht“ – ich habe vielmehr gelernt, Ideen, die vom Mainstream als „Verschwörungstheorien“ abgetan werden, besonders aufmerksam unter die Lupe zu nehmen :-)) Zwischen allerlei geistigem Müll – leicht erkennbar an unbewiesenen Unterstellungen und Angriffen gegen Einzelpersonen oder ganze Völker – finden sich da nämlich auch ausgesprochen konstruktive, zukunftsträchtige Denkansätze, die vom bedingungslosen Respekt vor Mensch und Natur ausgehen.

In Sonntagsreden und Werbebroschüren wird eine solche Geisteshaltung ja oft wortreich angepriesen, aber wehe denen, die sie tatsächlich zu leben versuchen! Erste persönliche Erfahrungen mit diesem verstörenden Widerspruch habe ich schon als Kind mit einem so genannten Wunderheiler gemacht, über den ich aus Dankbarkeit später ein Buch geschrieben habe. Ich konnte einfach nicht begreifen, wieso dieser gütige Mann, der unzählige leidende, von der Schulmedizin oft schon aufgegebene Menschen geheilt hatte, gerichtlich verfolgt wurde?! Sein einziges „Verbrechen“ bestand darin, dass er die Heilkräfte der Natur zu nutzen verstand und dafür kein akademisches Studium gebraucht hatte: Das allein genügte, um ihn aufgrund von Anzeigen neidischer Ärzte und Apotheker zu verhaften und nach dem österreichischen „Kurpfuscherparagrafen“ rechtsgültig zu verurteilen – nicht etwa für tatsächlich „verpfuschte“ Behandlungen, sondern für seine mit „unerlaubten Mitteln“ erzielten Heilerfolge!

Eine weitere wichtige Erfahrung verdanke ich meiner Schwester, die auf der Universität für Bodenkultur studierte und schon in den 1970er Jahren eine Pionierin des biologischen Landbaus war. Damals konnte ich aus nächster Nähe miterleben, wie „Qualitätsmedien“ und überhaupt die meisten „Gebildeten“ über die wenigen Unerschrockenen herzogen, die sich schon damals für „grüne“ Belange einsetzten: Für natürliche Artenvielfalt statt Monokultur; für die Erhaltung des Bodenlebens, der Tiere, Vögel und Insekten durch Verzicht auf chemische Düngemittel und giftige Insektizide; für den Schutz natürlicher Gewässer; für den Erhalt einer kleinteiligen Kulturlandschaft usw. usf. Sie wurden als verrückte Spinner ausgelacht und verfolgt. Sepp Holzer, der inzwischen weltberühmte „Agrarrebell“, musste Strafe zahlen, weil er sich dem amtlichen Befehl widersetzt hatte, seinen Wald nur noch mit Fichten aufzuforsten… Als wir ihn in den 1980er Jahren auf seinem Hof bei Tamsweg besuchten, hatten wir den schlagenden Beweis für die Unsinnigkeit dieser Vorschrift vor Augen: Auf den Berghängen ringsum bot sich ein Bild der Verwüstung. Ein schwerer Sturm hatte erst wenige Tage zuvor die flach wurzelnden Fichtenbäume zu Tausenden umgelegt, wie Streichhölzer lagen die Stämme über- und nebeneinander. Nur Sepp Holzers Forst war ohne Schaden davongekommen, denn sein (von Amts wegen verbotener!) Mischwald aus Fichten, Tannen, Obstbäumen, Buchen und anderen tief wurzelnden Laubbäumen hatte den Sturmböen ohne weiteres standhalten können.

In den Jahrzehnten, die seither vergangen sind, hat sich viel verändert, zumindest an der Oberfläche. In den Apotheken türmen sich Tuben und Schächtelchen mit ansprechenden bunten Bildern von Kräutern, Blüten und Wurzeln. Im Lebensmittelhandel, in der Kosmetikindustrie oder im Tourismus ist BIO inzwischen zum wirkungsvollsten Aushängeschild geworden, egal was sich dahinter tatsächlich verbirgt. Der Einsatz für gefährdete Tierarten und bedrohte Paradiese macht sich so gut, dass Prominente gar nicht mehr darum herumkommen, sich werbewirksam dafür einzusetzen. Auf den Dächern der Großstädte stehen immer öfter Bienenstöcke, auf öffentlichen Grünflächen beginnen Städter ihr eigenes Obst und Gemüse zu ziehen, Naturmaterialien boomen.

Eine Zeitlang hatte ich schon befürchtet, meine Hoffnungen könnten wie Seifenblasen zerplatzen. Es sah so aus, als würde das aufkeimende Grünbewusstsein mehr und mehr zum Marketingtrend verkommen, zur schönen Kulisse, hinter der die rasante Naturzerstörung ungebremst weiter voranschreitet. Doch dann sind mir André Stern und die Freilerner begegnet. Und seither weiß ich, worauf es in allererster Linie ankommt: Auf den Schutz der menschlichen Natur, der unverbildeten Natur des Kindes! Oder, wie ein Erziehungsexperte das Ziel von Scholé einmal prägnant zusammenfasste: Es geht Ihnen also darum, dem System den Nachschub zu entziehen? Ja, genau darum geht es! Denn Menschen, die den natürlichen Reichtum in ihrem eigenen Inneren entdecken durften, werden sich immer reich fühlen und auch den Reichtum der Natur zu schätzen und zu schützen wissen. Kinder, deren Einzigartigkeit vom ersten Tag an respektiert wurde, werden sich ganz selbstverständlich an der natürlichen Vielfalt der Menschen und aller anderen Lebewesen erfreuen können. Jungen und Mädchen, die niemals verglichen und bewertet wurden, werden ein Selbstbewusstsein entwickeln, das sie immun macht gegen alle Manipulationsversuche von Politik und Wirtschaft.

Das erklärt natürlich auch, weshalb Vertreter und Nutznießer unseres auf Wettbewerb und Mangelbewusstsein beruhenden Systems vom Freilernen zunächst nichts wissen wollen 🙂 Hoch spezialisierte Erziehungswissenschaftler und Bildungsmanager fühlen sich verständlicher Weise gefrotzelt, wenn ihnen jemand erzählt, dass Kinder tatsächlich spielend lernen, wenn man sie nur in Ruhe lässt! Sie reagieren darauf genauso ungehalten, wie angesehene Fachärzte und gut verdienende Apotheker auf den bescheidenen Tiroler Bauernsohn reagiert haben, der mit Gottvertrauen und einfachsten Hausmittelchen selbst schwerste Krankheiten zu heilen verstand. Gerichtsverfahren gegen Freilerner-Eltern, deren Kinder die vorgeschriebenen Jahresprüfungen nicht ablegen, gehen heute ähnlich aus wie damals vor 40 Jahren die amtlichen Verfahren gegen den Freidenker Sepp Holzer, der seinen natürlich gewachsenen Wald verteidigte: Auch sie werden zu Strafzahlungen verdonnert, weil sie an ihrer Überzeugung festhalten, dass Kinder liebevoll gehegt anstatt nach pädagogischen und/oder ökonomischen Kriterien optimiert werden sollen…

Aber das kann und wird nicht so bleiben – jeder einzelne Mensch, der an die Möglichkeit eines Wandels glaubt, befördert ihn!

herzlichste Sommergrüße Alexandra und Sibylle

Pfingsten 2017

Pfingsten 2017


Liebe Scholé-Freunde,

Die Alternativen zur Schule sind im Aufschwung! Noch vor 2 Jahren hätte ich mir niemals träumen lassen, dass sich in so kurzer Zeit so viel verändern kann! Allein der Vereinigung der Freilerner Österreichs sind schon über 100 Familien beigetreten, die einander mit Rat und Tat unterstützen. Der Colearning Space, der mit den ersten Kindern in der viel zu kleinen Sonnenuhrgasse begann und dann in die Hofmühlgasse übersiedelte, residiert seit Ende Mai in den wunderschönen Räumen des Markhofs, wo die Gründer ihre Vision eines DORFES IN DER STADT verwirklichen:

Die beiden unteren Stockwerke einer ehemaligen Druckerei im 3. Bezirk wurden großzügig umgebaut. Unverändert blieb nur der Dachboden, der nach wie vor einen Shaolin-Tempel beherbergt. In dem Stockwerk darunter werden demnächst Lernbegleiter mit ihren Familien einziehen, und das Erdgeschoss teilen sich Colearner und Coworker: Da gibt es Räume, in denen die Kinder spielen und lernen. Dann gibt es Räume, Ateliers und Werkstätten, wo Erwachsene ihren Arbeitsplatz haben. Und dazwischen gibt es Begegnungsräume, die allen zur Verfügung stehen – wo man einander kennenlernt und sich zu gemeinsamen Aktivitäten treffen kann. Außerdem einen großen Innenhof, aus dem einmal ein Garten werden soll. Interessenten, die keinen fixen Arbeitsort brauchen, können ein Membership erwerben, das sie in einem bestimmten Rahmen zur Mitbenutzung sämtlicher vorhandener Ressourcen des Markhofs berechtigt. Dadurch soll sich das Dorf auch nach außen erweitern.

Im Markhof ist es also gelungen, nun auch die Trennung zwischen Wohnen, Lernen und Arbeiten zu überwinden und einen echten COLIVING SPACE zu schaffen! Die Trennung zwischen Lernenden und Lehrenden, zwischen Spielen und Lernen, zwischen einzelnen Schulfächern oder verschiedenen Altersstufen hat der CLS ja von Anfang an vermieden. Im Markhof haben die Kinder aber nun erstmals die Möglichkeit, die berufliche Arbeit von Erwachsenen aus nächster Nähe kennenzulernen, ab und zu vielleicht sogar mitzuhelfen und praktische Erfahrungen zu sammeln. Dafür dürfen sich die Erwachsenen von der Phantasie und Lebendigkeit der Kinder animieren und inspirieren lassen. Wie in einer idealen Dorfgemeinschaft ist jeder für sich selbst verantwortlich und zugleich alle füreinander. Niemand wird auf eine bestimmte Funktion festgelegt. Jeder tut, ohne auf Befehle zu warten, was er oder sie gut kann und was die Situation gerade erfordert. Die Lernbegleiterin, die am Vormittag mit den Kindern ein Schaubild zum Thema Geometrie gemacht hat, hilft zu Mittag beim Kochen und Putzen und sitzt am Nachmittag in einer Planungsgruppe, die Finanzierungsfragen diskutiert. Der Jugendliche, der eben noch in einer Ecke gechillt hat, verwandelt sich in einen väterlichen Beschützer, weil zwei Kleine ihn sich als Mentor ausgesucht haben, demnächst wird er vielleicht im Coworking Space mit Erwachsenen arbeiten…

Es wäre ein geradezu paradiesisches Dasein, müssten sich die Freilerner und der Markhof nicht in einer Umgebung behaupten, die noch nach völlig anderen Gesetzen funktioniert. „Offiziell“, so habe ich gelernt, ist ein solch paradiesisches Dasein nicht vorgesehen. Es wird daher offiziell auf keinen Fall unterstützt, ja in vielen Fällen sogar verboten…Die Bürokratie fragt nicht, ob es den Menschen gut geht, sondern ob sie allen Bestimmungen entsprechen. Wo kämen wir denn da hin, wenn die Leute ihr Leben einfach selbst in die Hand nehmen dürften…?

Die Markhof-Gründer, denen es gelungen ist, den Umbau mit privaten Darlehen zu finanzieren, können bis auf weiteres nur auf private Sponsoren hoffen, egal wie erfolgreich sie sein mögen. Staatliche Förderungen erhalten nur Bildungsinstitutionen, die alle formalen Kriterien erfüllen. Freilerner-Eltern, die ihre Kinder nicht mehr zu den vorgeschriebenen Jahresprüfungen schicken, weil sie erkannt haben, dass die Kinder ohne Druck und Stress ihr Potential viel besser entfalten, werden gerichtlich verfolgt und bestraft. Selbst dann, wenn solche Freilernerkinder glücklicher und kompetenter sind als die meisten gleichaltrigen Schüler und sogar das Jugendamt bestätigt, dass es ihnen an nichts fehlt. Vorschrift ist Vorschrift! Wer keine offizielle Bestätigung über den Schulabschluss hat, der ist ein armes, vernachlässigtes Kind, aus dem nichts werden kann… Das sehen nicht nur die Behörden so, sondern auch die Mehrheit unserer Zeitgenossen.

In den letzten Jahren scheint sich allerdings, wenn auch noch zaghaft, ein Wandel in der allgemeinen Einstellung anzubahnen: Offiziell wird zwar an der Gleichsetzung von Kompetenz und Qualifikation festgehalten – je mehr Abschlussurkunden jemand angesammelt hat, desto „besser“ und erfolgreicher muss er sein -, aber dieser Glaube beginnt allmählich zu bröckeln. Immer mehr Unternehmer lassen sich die Zeugnisse von Jugendlichen gar nicht mehr vorlegen, weil sie über deren wahre Kompetenzen sowieso nichts aussagen. Immer mehr junge Leute erkennen, dass selbst zwei oder drei abgeschlossene Studien ihnen keinen vernünftigen Arbeitsplatz garantieren. Dafür machen sich große Firmen auf die Suche nach Absolventen so genannter Orchideenfächer, weil solche Leute erfahrungsgemäß kreativer, sprich weniger „verbildet“ sind. Wenn das so weitergeht, werden die Bildungswissenschaftler vielleicht bald groß angelegte Studien über die NACHHALTIGKEIT von mühsam eingebläutem Schulwissen machen – bisher gibt es die nämlich nicht! Jeder hat eine ungefähre Vorstellung davon, wie viel ein Maturant, eine Abiturientin drei Monate oder drei Jahre später vom Prüfungsstoff noch weiß, aber genaue Untersuchungen darüber sucht man – warum wohl? – vergeblich 🙂

Je mehr mutige Pioniere sich trauen, Kindern alternative Bildungsmöglichkeiten wie Freilernen, Colearning, Bildungsgarten des Lebens, WINGS usw. zu bieten, desto mehr Menschen werden sich persönlich davon überzeugen können, dass aus selbstbestimmten Kindern selbstbestimmte Erwachsene werden. Dass nur freiwillig erworbenes Wissen unverlierbar ist. Dass die Gedankentiefe nicht von der Zahl gelesener Bücher, sondern von der Entwicklung der Wahrnehmungsfähigkeit abhängt. Dass Kochen und Putzen auch den größten Geistern nur gut tun kann. Dass Mädchen und Jungen, die statt unter Gleichaltrigen zwischen Jüngeren und Älteren aufwachsen, ganz automatisch eine Vielzahl sozialer Kompetenzen entwickeln. Kurzum: dass die beste Vorbereitung auf das Leben nicht die Schule ist, sondern das Leben selbst!

April 2017

April 2017


Liebe Scholé-Freunde,

Diesmal möchte ich euch über meine Erlebnisse mit den wunderbaren Sozialpionieren im Colearning Space berichten. Eine Neuregelung der Jahresprüfungen steht hoffentlich bevor, doch für heuer haben die Kleinen ihre Jahresprüfung bereits hinter sich (wieder haben sie alle bestanden), während die Großen sich gerade darauf vorbereiten. Erst danach beginnt die große Übersiedlung in das Dorf in der Stadt, den Markhof im 3. Bezirk, wo derzeit noch emsig gebaut, geputzt, ausgemalt, Möbel transportiert, eingerichtet und der Umzug geplant wird. Alle arbeiten zusammen, Profis, Lernbegleiter, Eltern und Kinder – Mithilfe und Spenden aller Art sind herzlichst erbeten!! Nähere Informationen findet ihr unter www.colearning-wien.at

Noch komme ich „meine“ Colearning-Kinder also jeden Montag in der Hofmühlgasse 17 besuchen. Was an dem jeweiligen Tag geschehen wird, ist immer eine Überraschung. Bei schönem Wetter brechen wir manchmal gleich zu einem Ausflug auf, sonst beginnt der Tag wie jeder andere mit einem Morgenkreis, bei dem alle Anwesenden dabei sind, kleinere Kinder oft eng an ihre älteren Partner geschmiegt oder auf deren Knien sitzend. Sogar die ganz Kleinen, ein Vierjähriger und eine Eineinhalbjährige, blicken aufmerksam in die Runde. Als erstes geht ein Mädchen anhand einer Namensliste durch, wer da ist und wer fehlt. Danach wird gemeinsam ein ungefährer Tagesplan erstellt und dann liest noch eines der Kinder allen etwas vor – in den letzten Wochen zum Beispiel aus dem philosophischen Kinderbuch „Sara und Seth“. Erstaunt stelle ich fest, dass sogar sehr junge Zuhörer der ziemlich anspruchsvollen Geschichte kaum weniger gespannt zuhören als ich. Manchmal lässt der eine oder die andere danach eine Bemerkung fallen, die zeigt, wie genau sie verstanden haben, worum es geht! Und falls der Text Fragen aufwirft, gibt es ja rundum genug Menschen jeden Alters, mit denen man darüber sprechen kann…

Beim Verlesen der Namen abwesender Kinder gab es neulich eine spezielle Überraschung. Als das Mädchen, das die Namensliste verwaltet, verkündete, dass ein Junge in dieser Woche nicht kommen werde, weil er mit seinen Eltern auf Reisen sei, protestierte dessen kleine Partnerin: „Nein, der ist doch eh da!“ Und dann rückte sie mit verschmitztem Lächeln ein wenig zur Seite, so dass alle es sehen konnten: Sie saß auf einer über ihren Sessel gebreiteten eher flachen, aber fast lebensgroßen Stoffpuppe – einem „Avatar“ ihres abwesenden Partners -, die sie am Wochenende gemeinsam mit ihrer Freundin aus verschiedenfarbigen Stoffresten genäht und mit Watte ausgestopft hatte: Kopf, Gesicht, Haare, Hemd, Hose, ja sogar Schuhe – alles fein säuberlich ausgeschnitten und mit flotten Stichen zusammengenäht! Welch ein Liebesbeweis einer Achtjährigen für einen Dreizehnjährigen! Und das Kunstwerk machte im besten Sinn des Wortes „Schule“, denn im Lauf des Vormittags äußerten mehrere Kinder aus der Gruppe der Unter-Zehnjährigen den dringenden Wunsch, sie wollten bitte auch aus Stoffresten etwas nähen… 🙂

Wie eng die emotionale Verbundenheit von Großen und Kleinen ist, zeigte sich neulich auch auf einer gemeinsamen Fahrt zur Jesuitenwiese. In der U-Bahn und im Bus sah ich große Buben glücklich lächelnd die Arme ausbreiten, wenn Jüngere auf ihrem Schoß sitzen wollten. In solchen Momenten verwandeln sich unsichere Pubertierende in stolze Beschützer – ganz von selbst, ohne Aufforderung oder äußeres Zutun, dafür mit umso nachhaltigerer Wirkung. Denn diese unscheinbaren Erfahrungen schreiben sich unverlierbar ihrem Körpergedächtnis ein und werden ihnen sicher ein Leben lang zugute kommen! In einer Klasse mit lauter Gleichaltrigen, die unter ständigem Konkurrenzdruck stehen, könnten sie so eine Erfahrung niemals machen…

Auf der Jesuitenwiese angekommen verteilten sich die Kinder auf zwei weit auseinander liegende Spielplätze, während wir drei Begleiterinnen und Hüterinnen der Jause an einem großen Tisch in der Sonne gemütlich beisammen saßen. Zwei jugendliche Mädchen fragten, ob sie nicht allein spazieren gehen dürften, sie würden sich in der Gegend ohnehin gut auskennen. Unser Vertrauen vergalten sie uns, indem sie fünf Minuten vor der ausgemachten Zeit gut gelaunt zurückkamen. Die anderen tobten sich inzwischen nach Herzenslust aus, schaukelten, rutschten, kickten, spielten im Sand, kletterten auf den Spielgeräten herum und kamen zwischendurch zu uns, um ihre Jacken bei uns abzulegen, ein bisschen zu plaudern, Wasser zu trinken oder etwas zu essen.

Aus einiger Entfernung beobachteten wir, wie geschickt ein Dreijähriger unter den anerkennenden Blicken der Größeren ganz allein bis in das Netz am obersten Ende des Klettergerüsts stieg und sich dort zu ihnen legte. Seine Mutter ist Lernbegleiterin im CLS und hat ihn seine Erfahrungen immer schon ungestört selbst machen lassen – ohne besorgte Ermahnungen und ohne „helfend“ einzugreifen. Wir sind die Nutznießerinnen ihres großherzigen Erziehungsverzichts, denn um diesen kleinen Mann brauchen wir uns keine Sorgen zu machen: Er kann seine Fähigkeiten wunderbar einschätzen und entwickelt sie in atemberaubenden Tempo selbstständig weiter.

Ausflüge mit Großen und Kleinen sind für uns Begleiterinnen die reine Erholung, denn wir können uns darauf verlassen, dass sie einander im Auge behalten und im Notfall zu Hilfe kommen. Anders als im ersten Jahr haben sich die Kinder inzwischen auch schon daran gewöhnt, ihre Konflikte untereinander zu regeln. Es kommt kaum noch vor, dass sie wie früher reflexartig nach einem erwachsenen Schiedsrichter rufen. Ihnen genügt es zu wissen, dass wir da sind, und zu spüren, wie wichtig sie uns sind. Für die Freiheit, die wir ihnen zugestehen, danken sie uns mit ihrer wunderbaren Offenheit und ihrer ansteckenden Freude!

Eine solche Freiheit, ob drinnen oder draußen, ist natürlich nur möglich unter der Obhut von Erwachsenen, die sich nicht mehr hinter Rollen, Funktionen, Dienstzeiten und vorgeschriebenen Plansolls verschanzen. Im Colearning Space üben die Jugendlichen, die Lernbegleiter und auch wir Elders uns in der hohen Kunst, als unverwechselbare Persönlichkeiten ganz präsent zu sein und flexibel auf die Gegebenheiten des Augenblicks zu reagieren, jede/r auf ihre/seine Weise, so gut sie oder er es eben gerade vermag. Das ist keineswegs immer so angenehm und einfach wie unter freiem Himmel auf der Spielwiese!

Vor allem mit den älteren Kindern, deren Selbstbewusstsein und Begeisterungsfähigkeit in der Schule schwer gelitten haben, brauchen die Lernbegleiter unendlich viel Geduld. Statt schwierige Jugendliche auszuschließen und die Verantwortung an Expertinnen abzugeben, wie das in vielen Institutionen gang und gäbe ist, halten sie deren Traurigkeit und schlechte Laune aus, ja erkennen sie als völlig berechtigt an. Darum verkneifen sie sich Vorwürfe und Ratschläge, stehend ihnen mitfühlend bei oder nehmen sich die Zeit, immer wieder offen über Medienkonsum, Alkohol, Drogen und Lebensprobleme aller Art mit deprimierten Jugendlichen zu argumentieren, um sie zur Selbstverantwortung zu ermutigen. Als lebendige Vorbilder dienen dabei die kleinen Kinder, die das von Natur aus noch können: Geleitet von ihrer intrinsischen Motivation machen sie mit schlafwandlerischer Sicherheit einen Entwicklungsschritt nach dem anderen und zeigen dabei ein ganz feines Gespür für ihre eigenen und anderer Menschen Grenzen. Ich bin schon sehr neugierig, was die Kleinen, die von Anfang an in einer solchen freien Gemeinschaft aufwachsen dürfen, uns noch alles lehren werden!

Zum Abschluss möchte ich euch noch zwei berührende Geschichten von einem 12-jährigen hoch sensiblen Jungen erzählen, der in der freien Atmosphäre des CLS Wege gefunden hat, traumatische persönliche und schulische Erfahrungen kreativ zu verarbeiten. Er ist ein begnadeter Sprachspieler, der begeistert Horrorgeschichten liest und auch selbst verfasst, um mit äußeren Eindrücken, die ihn überfordert haben, auf spielerische Weise fertig zu werden. Vor ein paar Monaten kamen wir ins Gespräch über Lieblingslektüren. Ein Junge, der dabei war, erwähnte als Lieblingsbuch den bekannten Bestseller „Gregs Tagebuch“, was mein kleiner Freund absolut nicht verstehen konnte, weil sich die Menschen in diesem Buch doch so schrecklich benehmen! „Das sagst ausgerechnet du, der am liebsten Horrorgeschichten mag?“, fragte der andere abschätzig. Und bekam zur Antwort: „Na sicher, weil Monster MÜSSEN ja böse sein, das ist ihre Aufgabe! Aber doch nicht MENSCHEN…!“

Und beim Abwaschen nach dem (von den Kindern wie immer selbst zubereiteten) Mittagessen hat dieser Junge mir neulich eine weitere Probe seiner tiefen Weisheit gegeben. Ich kam mit dem Abtrocknen kaum nach, weil er mit so unvermuteter Geschwindigkeit die Teller aus dem Schaff mit Seifenwasser in das Spülwasserschaff und von dort auf das vor mir ausgebreitete Abtropftuch beförderte. Als ich ganz erstaunt sein Arbeitstempo bewunderte, entspann sich in unserer fröhlichen Geschirrspülrunde ein philosophisches Gespräch über Geschwindigkeit und Langsamkeit und den weit verbreiteten Ehrgeiz, der Schnellste zu sein. Eine Lernbegleiterin lobte etwa die besonderen Qualitäten des Romans Die Entdeckung der Langsamkeit und setzte dann hinzu: „Allerdings können auch Menschen, die unter großem Stress stehen, dadurch langsam werden“, worauf der kleine Philosoph ihr dezidiert entgegnete: „Aber das ist GANZ etwas anderes als die KUNST DER LANGSAMKEIT!“

Wir grüßen euch herzlich und hoffen, dass ihr mit Taten, Worten und guten Gedanken – alles gleich wichtig! – unsere Vorhaben weiter unterstützt!

Alexandra und Sibylle

März 2017: Vom kritischen zum kontruktiven Denken

März 2017: Vom kritischen zum kontruktiven Denken

VON DER KRITISCHEN SICHT AUF DIE PROBLEME zur KONSTRUKTIVEN SICHT AUF DIE MÖGLICHKEITEN

Bei Kindern: beobachten, was sie können, und das WERTSCHÄTZEN, statt überprüfen, was sie nicht können, und sie danach BEWERTEN.

sie in ihren EIGENEN Interessen bestärken und fördern, statt ihnen beibringen wollen, was ANDERE für wichtig halten.

auf ihre Fragen eingehen, statt ihnen Fragen stellen.

WAHRnehmen, dass sie von Natur aus soziale Mitmenschen SIND und nur Aufmerksamkeit und Liebe brauchen, um ihre angeborenen Anlagen zu entfalten, statt ANnehmen, sie seien ungenügende Wesen, die von Experten erzogen und unterrichtet werden müssen, um zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft zu WERDEN.

Bei Schulen und anderen Institutionen: Hohe, allgemein formulierte Ziele stecken und den Weg dorthin frei geben, statt festlegen, auf welche Weise Minimalanforderungen zu erfüllen sind.

Würdigen, was Lehrer oder Lernbegleiter TATSÄCHLICH leisten, und ihre Erfolge prämieren, statt vorschreiben, was Lehrer oder Lernbegleiter leisten SOLLTEN, und dafür Mittel aufstellen.

In der Gegenwart allgemein: die Zeichen der Zeit erkennen und fragen, wohin sie weisen, statt bei allem Neuen, Ungewohnten vorrangig mögliche Gefahren ins Auge zu fassen.

Alexandra Terzic-Auer, März 2017

März 2017

März 2017

wir arbeiten heftig daran, dass der Frühling 2017 zum Auftakt eines Bildungsfrühlings für Freilerner wird… 🙂 Wir brauchen dringend eine Gesetzesänderung, damit engagierte Freilerner-Eltern nicht länger von den Gerichten belangt werden! Ihr wisst, dass es uns nicht um eine neue (Erziehungs-)Methode geht, sondern um eine neue Haltung, die mit einer Umkehrung der bisherigen Haltung um 180° verbunden ist, und letztlich allen Kindern innerhalb und außerhalb des Schulsystems zugute kommen würde!Hier eine kurze Zusammenfassung der wichtigsten Punkte (diese Liste habe ich meinen Briefen an Bildungsverantwortliche beigelegt):

VON DER KRITISCHEN SICHT AUF DIE PROBLEME zur KONSTRUKTIVEN SICHT AUF DIE MÖGLICHKEITEN

Bei Kindern: beobachten, was sie können, und das WERTSCHÄTZEN, statt überprüfen, was sie nicht können, und sie danach BEWERTEN.

Sie in ihren EIGENEN Interessen bestärken und fördern, statt ihnen beibringen wollen, was ANDERE für wichtig halten.

Auf ihre Fragen eingehen, statt ihnen Fragen stellen.

WAHRnehmen, dass sie von Natur aus soziale Mitmenschen SIND und nur Aufmerksamkeit und Liebe brauchen, um ihre angeborenen Anlagen zu entfalten, statt ANnehmen, sie seien ungenügende Wesen, die von Experten erzogen und unterrichtet werden müssen, um zu nützlichen Mitgliedern der Gesellschaft zu WERDEN.

Bei Schulen und anderen Institutionen: Hohe, allgemein formulierte Ziele stecken und den Weg dorthin frei geben, statt festlegen, auf welche Weise Minimalanforderungen zu erfüllen sind.

Würdigen, was Lehrer oder Lernbegleiter TATSÄCHLICH leisten, und ihre Erfolge prämieren, statt vorschreiben, was Lehrer oder Lernbegleiter leisten SOLLTEN, und dafür Mittel aufstellen.

In der Gegenwart allgemein: Die Zeichen der Zeit erkennen und fragen, wohin sie weisen, statt bei allem Neuen, Ungewohnten vorrangig mögliche Gefahren ins Auge zu fassen.

So lautete mein bisher unbeantwortet gebliebener Brief an die neue Bildungsministerin, an die der Verein der Freilerner Österreichs am selben Tag auch eine Petition geschickt hat:

Sehr geehrte Frau Bildungsministerin Hammerschmid! Ich bitte Sie um einen Gesprächstermin. Vordergründig geht es um das Thema Freilernen, in Wirklichkeit aber um eine grundsätzliche Haltungsänderung dem Kind gegenüber, die gewaltige positive Veränderungen in der gesamten Bildungslandschaft bewirken könnte.

Sie sind umgeben von BildungsexpertInnen, trotzdem will aus der immer wieder angekündigten großen Bildungsreform einfach nichts werden. Mein Vorteil ist, dass ich KEINE Bildungsexpertin im akademischen Sinne bin, sondern das Schulwesen seit Jahrzehnten als wache Schülerin, engagierte Mutter, Nachhilfelehrerin, Elternvertreterin, Gründerin einer privaten Initiative für Hochbegabte und seit 2013 als selbst ernannte Anwältin der österreichischen Freilernerbewegung, also aus vielen unterschiedlichen Perspektiven BEOBACHTEN konnte.

Aus diesen Beobachtungen ergibt sich ein Gesamtbild, über das ich gerne mit Ihnen sprechen würde. Ich halte die derzeitige Krise des Bildungssystems nämlich für die natürliche Folge der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung: Alles hat sich grundlegend verändert, nur im Schulbereich versucht man, überlebte Strukturen immer noch um jeden Preis zu erhalten. Die Industrie braucht kaum noch Fließbandarbeiter, stattdessen sind Flexibilität, Kooperationsfähigkeit und Kreativität gefragt. Die teuren vielbändigen Konversationslexika wurden wie viele andere Saurier des Bildungsbürgertums durch creative commons ersetzt, deren gemeinsames Motto lautet: „When we share, everyone wins“: Überall, wo die Vormachtstellung von Experten und Bürokraten einem freiwilligen Gemeinschaftsgeist Platz gemacht hat, beginnt es zu grünen und zu blühen.

Unsere heutige Mobilität, die Umwälzungen auf dem Arbeitsmarkt, der Ruf der Wirtschaft nach Gründern und kreativen Mitarbeitern sowie die exponentielle Vermehrung des Wissens und dessen freie Verfügbarkeit (zumindest in demokratischen Staaten wie Österreich) schaffen Voraussetzungen, die es noch nie zuvor gegeben hat – und sie eröffnen völlig neue Chancen! Von einigen privaten Elterninitiativen wurden diese Chancen schon erkannt und auch auf verschiedenste Arten genutzt, doch von staatlicher Seite werden ihre zukunftsweisenden Projekte nicht etwa unterstützt, sondern massiv behindert! Nicht aus bösem Willen wahrscheinlich, sondern aus Unwissenheit und anerzogenem Untertanengeist: „Wo kämen wir denn da hin? Da könnt’ ja ein jeder kommen!“

Es ist mir ein Anliegen, Ihnen diese Projekte, von denen Sie möglicherweise gar nichts wissen, zu präsentieren. In meinem eigenen Leben habe ich die Erfahrung gemacht, dass nur positive Vorbilder zu kreativen Lösungen inspirieren können. Solange der Blick auf die Probleme fixiert bleibt, vermehren sich diese wie die Karnickel… Zum Glück stehe ich einzig und allein im Dienst der Kinder, aller Kinder. Ansonsten bin ich vollkommen unabhängig und habe auch keinen akademischen Ruf zu verteidigen – recht gute Voraussetzungen für einen unverstellten Blick auf die Dinge 🙂

Mit Dank für Ihre Aufmerksamkeit und herzlichen Grüßen

Der zweite Brief ging an den Bildungssprecher der Grünen, Harald Walser: Lieber Harald Walser,

Ich wende mich an Sie als den Bildungssprecher einer Partei, die sich von Anfang an ÖKOLOGIE auf ihre Fahnen geschrieben hat. Das ökologische Denken, das im Bereich des Naturschutzes und der Landwirtschaft begann, ist gerade im Begriff, sich auf die Kindergärten und Schulen auszuweiten: Als engagierter Grüner können Sie sich sicher erinnern, wie in den 1970er Jahren die ersten Biobauern auf natürliche Diversität und Ressourcenschonung setzten, ohne sich vom Spott ihrer Nachbarn und den ganz auf konventionelle Landwirtschaft zugeschnittenen Gesetzesbestimmungen beirren zu lassen. In ähnlicher Weise setzen heute die Pioniere des Freilernens auf die natürliche, selbstbestimmte Bildung ihrer Kinder, ohne sich von skeptischen Zeitgenossen und einem Schulrecht aufhalten zu lassen, das Bildung eisern mit Schulbildung alten Stils gleichsetzt.

Dass die derzeitige österreichische Rechtsauffassung nicht mehr zeitgemäß ist, lässt sich an der anhaltenden Krise unseres Bildungswesens ablesen, die ich als natürliche Folge der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung betrachte: Alles hat sich grundlegend verändert, nur im Schulsystem versucht man erstarrte Strukturen um jeden Preis zu erhalten. Ich glaube, dass dieser Preis inzwischen viel zu hoch ist und es daher höchste Zeit wäre, über echte ALTERNATIVEN zur derzeitigen, auf Konkurrenz und Fremdbewertung gegründeten Schule nachzudenken, statt weiterhin Unmengen an Geld und Energie in die x-te unbefriedigende Reform dieses Schulmodells zu stecken.

Angeregt durch ein Gespräch mit dem Anwalt Markus Distelberger, der schon 1990 (!) eine freie Lernwerkstatt gegründet hat und intensiv an weiteren visionären Projekten wie dem Vermögenspool und dem Garten der Generationen in Herzogenburg arbeitet, bitten wir Sie um die Einberufung einer Enquete zum Thema Bildung! Vordergründig geht es um die Freilerner, die ich aus persönlicher Sympathie und Überzeugung vertrete. In Wirklichkeit aber geht es um eine grundsätzliche Haltungsänderung dem Kind gegenüber, die gewaltige positive Veränderungen in der gesamten Bildungslandschaft bewirken könnte (siehe Anhang).

Abseits des Mainstreams, von Wissenschaft oder Medien bisher kaum beachtet, haben sich nämlich höchst interessante private Initiativen gebildet, deren Lebendigkeit und Vielfalt zukunftsweisende Perspektiven für neue Formen des Zusammenlebens und -lernens von Kindern und Erwachsenen eröffnen. Markus Distelberger, die Freilerner Österreichs und andere Initiativen wären sicher gerne bereit, den Teilnehmern an einer solchen Bildungsenquete – bzw. zuerst einmal Ihnen selbst in einem persönlichen Vorgespräch – ihre praktischen Erfahrungen zu präsentieren und die Gründe darzulegen, weshalb sie eine Gesetzesänderung für sinnvoll und notwendig erachten: Eine grundlegende Neuordnung der gesetzlich vorgeschriebenen Jahresprüfungen würde vielen engagierten Menschen innerhalb und außerhalb des Schulsystems das Experimentieren mit neuen, sozialeren und nachhaltigeren Spielarten des Lernens sehr erleichtern!

Mit der Bitte um einen baldigen Gesprächstermin und freundlichen Grüßen

Hier die Antwort, die ich wenige Tage später von einer seiner Mitarbeiterinnen erhielt: Vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihre Hinweise an Herrn Dr. Walser.

Bitten haben Sie dafür Verständnis, dass er derzeit nicht in der Lage ist, Ihnen einen Termin anzubieten. Als Vorarlberger Abgeordneter muss er seine Zeit zwischen Wien und seinem Heimatbundesland aufteilen, wodurch sich schon alleine dadurch zeitliche Beschränkungen dort und da ergeben. Nun befindet er sich mitten in den Verhandlungen zum Autonomiepaket, was neben dem parlamentarischen Alltag zusätzlich viele Termine benötigt, sodass die Tage in Wien durchgetaktet sind.

Im Moment – und wohl auch noch in den nächsten Jahren – geht es vorrangig darum, die organisatorischen Mindestvoraussetzungen zu verhandeln, um das aus Grüner Sicht zentrale Problem der Vererbung von Bildung in den Griff zu bekommen und zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu gelangen. Das ist sein Job als Bildungspolitiker, auch wenn es vielleicht andere Themen gäbe, die erquicklicher wären. Selbstverständlich hat Herr Dr. Walser auch immer wieder Kontakte zur Freilerner-Szene. Jedoch ist sein Fokus eindeutig und aus Überzeugung darauf gerichtet, zu verbesserten Bedingungen im öffentlichen Schulwesen zu kommen – einerseits, weil davon die ganz große Mehrheit betroffen ist und andererseits, damit zukünftig auch jene Zielgruppen, die derzeit im öffentlichen Schulen nicht gut aufgehoben sind, andere, nämlich attraktivere Rahmenbedingungen vorfinden.

Jedenfalls vielen Dank für Ihr Interesse und Ihr Engagement.

Mag.a A… Bereiche Bildung und Vergangenheitspolitik

Der Briefkopf – Bereiche Bildung und Vergangenheitspolitik (!!) – ist mir erst später aufgefallen, sonst hätte ich diese erstaunliche Tatsache sicher schon in meiner Antwort aufs Korn genommen 🙂

Sehr geehrte Frau …,

Vielen Dank für Ihre Antwort! Irre ich mich, wenn ich zwischen den Zeilen den Verdacht heraushöre, Freilernen sei ein Luxusproblem, ein Bobo-Projekt für Menschen, die es sich leisten können, ihre Kinder besser zu betreuen, als dies im öffentlichen Schulwesen möglich wäre…? Diese Vermutung wäre jedenfalls vollkommen falsch! Solche Leute schicken ihre Kinder nämlich in Privatschulen, wenn möglich mit Ganztagsbetreuung, oder gleich in teure Internate, um sich ganz ungestört dem Ausbau der eigenen Karriere widmen zu können.

Alle Freilerner-Eltern, die ich kenne, leben hingegen ausgesprochen bescheiden. Sie stellen ihre berufliche Karriere zurück, weil ihnen die Bedürfnisse ihrer Kinder wichtiger sind. Leider sind solche Eltern Mangelware, es würden weitaus mehr von ihnen gebraucht! Der Anstoß zum Freilernen geht nämlich meist nicht von den Eltern aus, sondern von Kindern, die ständig krank sind oder sich weigern, weiter die Schule zu besuchen. Eine „Zielgruppe, die derzeit im öffentlichen Schulsystem nicht gut aufgehoben ist“, wird auf 15 – 20% aller Schüler geschätzt, Tendenz steigend: Es sind die in allen Kulturen und sozialen Schichten zu findenden Hochsensiblen, deren empfindliches Nervensystem mit dem hektischen Schulalltag total überfordert ist. Sie sind der Schrecken der Lehrer, denn pädagogische Maßnahmen versagen kläglich, und auch heute übliche Therapien aller Art oder chemische Keulen wie Ritalin können dieses Problem nicht lösen!

Es gibt sie in jeder Schulklasse: Schüchterne, die kein Wort herausbringen und oft „ohne Grund“ in Tränen ausbrechen. Klassenkasperln, die nicht still sitzen können. Begabte, die vor einer Prüfung alles konnten, aber bei der Prüfung versagen. Stille Wasser, die Mobbing magisch anzuziehen scheinen, usw. Einige wenige von ihnen haben das Glück, in einer von Wettbewerb, Leistungsdruck und anderen Stressfaktoren freien Umgebung zu landen: zu Hause oder in einem Freilernerzentrum, wo sie nach einer kürzeren oder längeren Heilungsphase allmählich ungeahnte soziale, handwerkliche, künstlerische, sportliche und/oder intellektuelle Talente entfalten, die aber – UND HIER LIEGT DAS POLITISCHE PROBLEM! – in kein vorgegebenes Unterrichts- und Prüfungsschema passen!!

Im Unterschied zu Großbritannien, wo Freilernen als selbstverständliches demokratisches Recht anerkannt und geschützt wird, verlangt Österreich nämlich alljährlich den Nachweis, dass sich das Kind exakt nach den vorgegebenen Lehrplänen seiner Altersstufe weiterentwickelt! Da beim Freilernen „Individualisierung“ und „Förderung der Kreativität“ aber keine hohlen Schlagworte bleiben, sondern tatsächlich umgesetzt werden, sind die Entwicklungsschritte des einzelnen Kindes NICHT VORHERSEHBAR!! Deshalb stellen die Freilerner an die Bildungsverantwortlichen derzeit nur eine einzige Forderung: DIE ABSCHAFFUNG DER FORMELLEN JAHRESPRÜFUNGEN!

Eltern und Lernbegleiter, die natürlich meist selbst zu den Hochsensiblen zählen, sind gerne bereit zur Zusammenarbeit mit dem Jugendamt und legen bereitwillig die Ergebnisse der verschiedenartigen Tätigkeiten der ihnen anvertrauten Kinder vor. Dass man sich für ihre tatsächlichen Entwicklungsfortschritte aber gar nicht interessiert und stattdessen von Freilernerkindern verlangt, was ein Großteil der Schüler INNERHALB des kostspieligen Schulsystems eben NICHT erbringt (40% der Pflichtschüler fehlt es laut Statistik an Grundkenntnissen in einer der Hauptkompetenzen), ist eine Ungerechtigkeit, mit der sie nicht länger leben können und wollen! Freilernen ist kein Problem, sondern eine noch nicht erkannte RESSOURCE innerhalb der Bildungslandschaft!!

Seit Jahrzehnten höre ich die immer gleichen Klagen über die Vererbung von Bildung und andere Mängel im Schulsystem. Das heiß diskutierte „Autonomiepaket“ wird uns nur noch mehr hinderliche Bürokratie bescheren! Um ENDLICH zu mehr Bildungsgerechtigkeit zu gelangen, wie die Grünen zu Recht fordern, braucht es vor allem INSPIRIERENDE VORBILDER für neue Formen des Lernens, die ALLEN KINDERN UND ALLEN BEGABUNGEN gleiche Wertschätzung zugestehen! Es gibt solche Vorbilder, aber dazu müssten die Verantwortlichen bereit sein, über den Tellerrand des Schulsystems hinaus zu blicken: Dort entstehen gerade die verschiedensten Freilernervereinigungen, aus deren Erfahrungen das Schulsystem wesentliche neue Impulse beziehen könnte. FREILERNEN IST KEIN GEGENSATZ, SONDERN EINE NOTWENDIG GEWORDENE ERGÄNZUNG ZUR SCHULE! Denn nach dem Selbstbestimmungsrecht der Frauen ist zur Weiterentwicklung der Demokratie nun das Selbstbestimmungsrecht der Kinder an der Reihe. Ich halte es für eine Tragödie, wenn nicht einmal die Grünen das anerkennen wollen…

Heute habe ich an die grünen Parlamentarier per Mail noch eine Anfrage gerichtet:

Sehr geehrte ParlamentarierInnen der Grünen!

Darf ich fragen, welche Personen in Ihrer Partei für Zukunftspolitik zuständig sind? Irrtümlich habe ich mich nämlich mit einem Zukunftsprojekt im Bildungsbereich an die Abteilung für BILDUNG gewendet, ohne zu merken, dass diese Abteilung mit VERGANGENHEITSPOLITIK betraut ist, weshalb man sich für unser Anliegen dort natürlich nicht zuständig fühlt.

Mit Dank und freundlichen Grüßen

Ich hoffe, dass ich euch mit dieser ausführlichen Korrespondenz nicht gelangweilt habe! Falls jemand uns unterstützen möchte oder in Politik und Verwaltung Menschen kennt, die für unser Anliegen aufgeschlossen sind, würde uns das natürlich sehr freuen…!

Herzliche Frühlingsgrüße Alexandra und Sibylle

Februar 2017

Februar 2017


Liebe Scholé-Freunde,

das größte Ereignis der letzten Wochen war der Entschluss der Verantwortlichen, den provisorischen Standort des Colearning Space in der Hofmühlgasse und damit zugleich seine provisorische Funktion als reines Lernzentrum demnächst aufzugeben: Im 3. Bezirk, Markhofgasse 19, entsteht in einer ehemaligen Druckerei gerade „MARKHOF, das Dorf in der Stadt, powered by Colearning“. Hier soll sich unsere Vision vom gemeinschaftlichen Leben, Lernen und Arbeiten ab Frühjahr 2017 verwirklichen! Der Folder im Anhang enthält alle näheren Informationen darüber. BITTE LESEN UND AN INTERESSIERTE WEITERLEITEN!

Junge und alte Colearner, Lernbegleiter, Eltern und Kinder, alle sind in dieses Projekt eingebunden. Seit Monaten wird geplant, geträumt, gerechnet, diskutiert, gezeichnet und gearbeitet bis zum Umfallen. Manchmal geht es hoch her, Anspannung und Überarbeitung entladen sich in emotionalen Ausbrüchen, die aber, weil sie offen ausgetragen werden, bisher immer zu einem noch festeren Zusammenhalt, einer noch herzlicheren Verbundenheit unter den Mitwirkenden geführt haben. Ich betrachte es als ein Geschenk, aus der Nähe mitverfolgen zu dürfen, WIE ZUKUNFT ENTSTEHT!

Damit ihr nicht meint, wir stünden allein da mit dieser Überzeugung, lasse ich den hoch angesehenen amerikanischen Psychologen Peter Gray zu Wort kommen. Er ist der Verfasser eines Standard-Werks zur Psychologie und Autor des Buches »Befreit lernen. Wie Lernen in Freiheit spielend gelingt«, (Drachen Verlag, 2015). Übrigens war es sein kleiner Sohn, der ihn aufgeweckt hat, indem er sich konsequent weigerte, zur Schule zu gehen…

„Was die Zukunft der Bildung angeht, bin ich optimistisch. Ich bin zuversichtlich, dass wir als Kultur wieder zu Sinnen kommen und unseren Kindern die Freiheit zurückgeben werden, die Kontrolle über ihr eigenes Lernen zu übernehmen, damit Lernen als integraler Bestandteil des Lebens wieder eine freudvolle, aufregende Angelegenheit wird, keine deprimierende und angstvolle Mühsal.

Mein Optimismus rührt gewiss nicht von den etablierten Bildungsinstitutionen her. Dieses Establishment samt den dazugehörigen pädagogischen Fakultäten, der Schulbuch- und Prüfungsindustrie sowie den Lehrer- und Schulleiterverbänden ist so stark in Eigeninteressen und im Status quo verhaftet, dass es allenfalls dazu in der Lage ist, die immer gleichen Forderungen zu stellen: Wenn sich mal wieder herausstellt, dass Kinder in der Schule nicht genug lernen, hört man aus jener Richtung sogleich die lautstarke Forderung nach längeren Schultagen und mehr Hausaufgaben. Wenn 200 Stunden Unterricht in einem bestimmten Fach nicht reichen, wird vorgeschlagen, es mit 400 Stunden zu versuchen. Wenn die Kinder in der ersten Klasse nicht lernen, was ihnen beigebracht wird, sollte der Unterricht bereits in der Vorschule beginnen – und wenn sie es in der Vorschule nicht lernen, dann müssen wir eben schon im Kindergarten damit anfangen! Wenn Kinder über die Sommerferien das Wenige vergessen, was sie während des Schuljahres gelernt haben, dann sollten wir eben die Sommerferien abschaffen – und damit ihre Möglichkeiten zum Leben außerhalb der Schule weiter einschränken.

Fast alle, die im Bildungsbereich tätig sind, wünschen sich »Reformen« und erkennen damit implizit an, dass das gegenwärtige System nicht funktioniert. Das ist seit Einführung der Schulpflicht der Fall. Die einen wollen das System verändern, indem sie ihm einen Schubs in die eine Richtung geben (ein bisschen mehr Wahlfreiheit, ein bisschen weniger Leistungskontrolle), während die anderen es durch einen Schubs in die entgegengesetzte Richtung verändern wollen (ein noch stärker standardisierter Lehrplan, noch rigorosere Leistungskontrollen). Darüber gibt es zahlloser Bücher und Artikel von Bildungsexperten und Pädagogikprofessoren. Niemand im Bildungs-Establishment ist hingegen bereit zuzugeben, dass Zwangsbeschulung gerade deshalb nicht funktioniert, weil sie auf Zwang basiert, und dass die einzig sinnvolle Reform darin besteht, Kindern die Verantwortung für ihr eigenes Lernen zurückzugeben.

Die Tage des Schulzwangs sind gezählt. Mein Optimismus gründet sich auf das, was außerhalb der etablierten Bildungsinstitutionen passiert. Mich ermutigt der immer größer werdende Strom derer, die der Zwangsbeschulung den Rücken kehren und sich dem entspannten Homeschooling, dem Freilernen, Freien Schulen nach dem Modell der »Sudbury Valley School« oder anderen Bildungsformen zuwenden, die Kindern die Kontrolle über ihr Lernen selbst überlassen. Je repressiver das Schulsystem wird, desto mehr Menschen wenden sich davon ab – und das ist gut so.

Die Schulflucht wird auch durch die IT-Revolution begünstigt. Heutzutage hat jeder, der sich Zugang zum Internet verschaffen kann, Zugriff auf das gesamte Wissen und alle Ideen der Welt, die erfreulich geordnet und durch intuitive Suchmaschinen einfach auffindbar sind. Für fast alles, was man machen möchte, findet man Anleitungen im Internet. Für fast jede Idee, über die man nachdenken möchte, findet man Argumente und Gegenargumente und kann sich sogar an einschlägigen Diskussionen beteiligen. Das ist der intellektuellen Entwicklung weit zuträglicher als die vorgegebenen Lösungswege des Regelschulsystems. Weil die Vorstellung, man müsse zur Schule gehen, um etwas zu lernen oder kritisches Denken zu kultivieren, aus Sicht von Kindern, die wissen, wie man im Internet recherchiert, schlicht lächerlich ist, wird es schwerer und schwerer, eine Beschulung von oben herab zu rechtfertigen. Und da textbasierte elektronische Kommunikation beinahe so alltäglich wird wie mündliche Kommunikation, lernen immer mehr Kinder noch vor der Einschulung selbst Lesen und Schreiben, was wiederum die Eltern veranlasst, die Notwendigkeit der Zwangsbeschulung in Frage zu stellen.

Ich sage voraus, dass wir in nicht allzu ferner Zukunft einen Wendepunkt erreichen werden. Jeder wird dann mindestens eine Person kennen, die ohne Regelbeschulung aufgewachsen ist und im Leben wunderbar zurechtkommt. Ganz normale Menschen werden fordern, dass Gesetze geändert werden, die den Schulbesuch verpflichtend machen oder die vorschreiben, wie Schule auszusehen habe. Dies wird es immer mehr Menschen ermöglichen, das System der Zwangsbeschulung ohne all die juristischen Verrenkungen zu verlassen, die dieser Schritt derzeit noch erfordert und die viele davon abhalten, den Schritt überhaupt zu wagen.

Wie bei allen großen gesellschaftlichen Veränderungen liegt der Schlüssel in unseren Vorstellungen darüber, was normal sei und was nicht. Vor noch nicht allzu langer Zeit betrachtete es die überwiegende Mehrheit als abnormal, homosexuell zu sein – man bezeichnete es als Sünde oder Krankheit, je nachdem, ob man eher religiösen oder weltlichen Betrachtungsweisen zugeneigt war. Es gibt immer noch Menschen, die das so sehen, aber nur wenige von ihnen sind jünger als dreißig Jahre. Die Maßstäbe haben sich verändert. Homosexualität wird heute mehrheitlich als ein normaler Bestandteil des Spektrums menschlicher Vielfalt betrachtet, genau wie auch Linkshänder nicht mehr für abnormal gehalten werden. Diese Veränderungen sind deshalb geschehen, weil einige mutige Homosexuelle den Sprung ins kalte Wasser gewagt haben und durch ihr Coming-out den Stolz auf ihre sexuelle Orientierung zum Ausdruck brachten. Da im Lauf der Zeit mehr und mehr Menschen entdeckten, dass einige ihrer geschätzten Freunde und Verwandten wie auch so manche gesellschaftlichen Idole homosexuell sind, wurde es immer schwieriger, Homosexualität zu verdammen oder als Krankheit zu bezeichnen.

Etwas Ähnliches wird meiner Ansicht nach im Bildungsbereich passieren. Je mehr Menschen persönlich Leute kennenlernen, die sich oder ihre Kinder nicht dem Schulzwang unterwerfen, desto schwieriger wird es, diese Entscheidung für abwegig zu halten. Und noch eine weitere Kraft ist hier am Werk: der natürliche menschliche Drang zu Freiheit und Selbstbestimmung. Aus der Geschichte wissen wir, dass Menschen sich für die Freiheit entscheiden, wenn ihnen diese Alternative umsetzbar erscheint. Wenn Erwachsene feststellen, dass Zwangsbeschulung für ein erfolgreiches Leben in ihrer Kultur nicht notwendig ist, wird es ihnen zunehmend schwerer fallen, sich gegen die Freiheit ihrer Kinder zu entscheiden, und auch die Kinder selbst werden diese Freiheit einfordern. Kinder werden nicht länger das Argument hinnehmen, sie müssten in den sauren Apfel der Beschulung beißen, weil dies notwendig oder gut für sie sei. Sobald mehr Menschen das Zwangsschulsystem verlassen, wird ein nennenswerter Teil der Wahlberechtigten die Forderung erheben, dass ein Teil der staatlichen Bildungsausgaben künftig zur Unterstützung selbstbestimmten Lernens verwendet werden solle – also um Bildungsmöglichkeiten anstatt Schulzwang zu finanzieren. Stellen Sie sich einmal vor, was man mit nur einem Bruchteil der etwa 600 Milliarden Dollar an Steuergeldern tun könnte, die gegenwärtig in den USA für Zwangsbeschulung jährlich ausgegeben werden!

Als Gesellschaft haben wir in der Tat die Verpflichtung, jedem Kind unabhängig von familiärem Hintergrund oder Einkommen reichhaltige Bildungsmöglichkeiten zu bieten. Es gibt viele Wege, dies zu tun. Eine Möglichkeit wären Schulen, deren Besuch auf Freiwilligkeit, nicht auf Zwang basiert – vielleicht nach dem Vorbild der Sudbury Valley School –, wo die Kinder in einer Umgebung spielen, forschen und lernen könnten, die ihrer gesunden intellektuellen, körperlichen und moralischen Entwicklung zuträglich wäre. Pro Schüler kosten solche Schulen nur die Hälfte dessen, was wir gegenwärtig für Zwangsbeschulung ausgeben – das brächte große Einsparungen für die öffentliche Hand mit sich.

Eine andere Möglichkeit wäre ein Netzwerk gemeinschaftlicher Lernorte, die allen ohne Eintrittsgeld offen stünden. Stellen Sie sich einen Ort in ihrer Nachbarschaft vor, in dem Kinder und auch Erwachsene spielen, forschen, lernen und neue Freunde kennenlernen könnten. Computer, Material zur künstlerischen und sportlichen Betätigung sowie wissenschaftliche Gerätschaften stünden zum Spielen bereit. Menschen aus der Umgebung würden Kurse anbieten, etwa in Musik, bildender Kunst, Sport, Mathematik, Fremdsprachen, Kochen, Unternehmensführung, Buchhaltung oder anderen Dingen, die Menschen für amüsant, interessant oder wichtig genug halten, um sie sich in strukturierter Form anzueignen. Es gäbe keine Pflichtkurse, keine Noten, keine Einstufungen oder Vergleiche zwischen Menschen. Örtliche Theater- und Musikgruppen könnten dort auftreten, und Menschen jeden Alters könnten sich gemäß ihren jeweiligen Interessen zu neuen Lerngruppen zusammenschließen. Es gäbe eine Sporthalle und, je nach Möglichkeit, Felder und Wälder für das Spielen und Forschen an der frischen Luft. Kinder würden nicht deshalb an den Lernort kommen, weil sie müssen, sondern weil dort ihre Freunde sind und es dort so viele spannende Dinge zu tun gibt.

Die Geschicke eines solchen Lernorts könnten von allen, die ihm beitreten und ihn nutzen, im Stil einer Gemeinschaftsversammlung demokratisch mitbestimmt werden. Der Preis für die Teilnahme am Lernort wäre die Bereitschaft, die Regeln einzuhalten, und vielleicht auch die Bereitschaft, kleinere Aufgaben für seinen Betrieb zu übernehmen. Kinder wären genau wie Erwachsene stimmberechtigt. All dies könnte zu einem Bruchteil der Kosten geschehen, die gegenwärtig für die Zwangsbeschulung anfallen.

Ich kann nur Vermutungen darüber anstellen, was an die Stelle der Zwangsschule treten wird. Der Niedergang der Schulpflicht und der Aufstieg freier Bildungsmöglichkeiten wird allmählich erfolgen, auf längere Sicht jedoch wird das System der Zwangsbeschulung verschwinden. Wir werden dann erleben, wie die Epidemie von Angst, Depression und gefühlter Hilflosigkeit, unter der so viele junge Menschen heute leiden, zu Ende geht, wie die Fähigkeit der Kinder zur Selbstbestimmung wiederhergestellt und ihrem Wunsch nach Lernen in Freiheit Rechnung getragen wird.“

Peter Gray, geboren 1946, ist evolutionärer Entwicklungspsychologe, Bildungsexperte und Autor der bereits in siebenter Auflage erschienenen Einführung »Psychology«. Er lehrte am Boston College, USA. Gray erforscht die kindliche Entwicklung aus evolutionsbiologischer Perspektive. Als entschiedener Kritiker des Schulzwangs bezeichnet er Regelschulen mit Schulanwesenheitspflicht als Gefängnisse. Die Inhaftierung junger Menschen aufgrund ihres Alters hält er für unvereinbar mit den demokratischen Grundwerten. Grays besonderes Forschungsinteresse gilt der Bedeutung des Spiels beim natürlichen, selbstmotivierten Lernen. So lernten Kinder in indigenen Jäger- und-Sammler-Gesellschaften alles, was sie zum Leben bräuchten, aus dem freien Spiel in altersgemischten Gruppen. Diese Erkenntnis ist auch für uns Menschen des 21. Jahrhunderts von hoher Relevanz, denn während 99 Prozent unserer Geschichte waren auch wir Jäger und Sammler – und sind es, genetisch betrachtet, noch heute. Die Zeitschrift »Psychology Today« veröffentlich regelmäßig einen Blog von Peter Gray: www.psychologytoday.com/blog/freedom-learn

Über die Freilerner, denen ich den Hinweis auf Peter Grays Beitrag verdanke, und ihre gerichtlichen Auseinandersetzungen berichte ich euch das nächste Mal…

Herzlichste Vorfrühlingsgrüße! Alexandra und Sibylle

Dezember 2016

Dezember 2016


Liebe Scholé-Freunde,

Mit 19 Jahren hörte ich bei einem Kongress in Salzburg den fulminanten Vortrag eines großen hageren Mannes mit Denkerstirn, leuchtendem Blick und tiefen Lachfalten. Sein gewinnendes Lächeln und die liebevollen Gesten seiner ausdrucksvollen Hände schienen ein Gegengewicht zu der kristallklaren Härte seiner Worte bilden zu wollen. Es war Ivan Illich, katholischer Priester, Universalgelehrter und Rebell, dessen ebenso leidenschaftliche wie tiefgründige Überlegungen zu brennenden gesellschaftspolitischen Themen mich nachhaltig beeindruckt haben. Sein berühmtestes Buch, „Die Entschulung der Gesellschaft“, erschienen 1971, habe ich kurz nach dem Salzburger Vortrag gelesen, doch die Tragweite dieser Streitschrift konnte ich damals nicht einmal annähernd erfassen. Illichs Gedanken sind noch heute so unerhört, dass das Rechtschreibprogramm meines Macs das Wort Entschulung sofort korrigiert auf EntschulDung…:-))

Vergangenen November waren mein Mann und ich in Begleitung gebildeter Singhalesen 14 Tage lang im Süden von Sri Lanka unterwegs. Auf dieser Reise musste ich oft an Ivan Illich denken. Er hatte selbst mehrere Schulen und Universitäten absolviert, eine Hochschule sogar als Rektor geleitet, bevor er in Puerto Rico und Mexico erstmals die Gelegenheit bekam, aus der Nähe zu beobachten, wie über Schulgründungsprogramme die Abhängigkeit von Konsumgütern und deren Produzenten in „unterentwickelte“ Gebiete exportiert wird. Dabei wurde ihm bewusst, dass es ein heimliches Curriculum, einen unsichtbaren Lehrplan gibt, der uns alle, unabhängig von der gerade vorherrschenden politischen Ideologie, zu Konsumenten erzieht.

In Sri Lanka habe ich noch besser verstanden, was er damit meint. Diese paradiesische Insel an der Südspitze Indiens steckt mitten im Globalisierungsprozess. In der Hauptstadt Colombo schießen immer mehr und immer höhere Wolkenkratzer zum Himmel. Von Trumps Wahlsieg haben wir in einem kleinen Esslokal am Rand einer Überlandstraße erfahren, wo neben dem Eingang ein Fernsehapparat hing, über den ein chinesischer Nachrichtensender 24 Stunden täglich englischsprachige Nachrichten sendet… Der Großteil der Bevölkerung scheint allerdings noch stark von der buddhistisch-hinduistischen Kultur geprägt zu sein. Das ist mir vor allem an der Gelassenheit aufgefallen, mit der sich die Menschen im Verkehrsgewühl bewegen, und an ihrer selbstverständlichen Freundlichkeit den Tieren gegenüber. Singhalesische Fahrer steigen ohne Murren auf die Bremse, damit Büffel oder Kühe, die frei am Straßenrand grasen dürfen, jederzeit gefahrlos die Fahrbahn überqueren können. Und die vielen herrenlosen Hunde, die überall herumlaufen, können sich darauf verlassen, dass die Menschen ihr Essen mit ihnen teilen: Anders als die abgemagerten, verletzten, verschreckten Straßenköter, denen ich in Südeuropa oft begegnet bin, wirkten sie alle gesund, zutraulich und wohlgenährt.

In ländlichen Gegenden bekamen wir noch einen Eindruck vom traditionellen Leben der Menschen, die in luftigen Hütten oder Häusern im Schatten herrlicher tropischer Bäume leben und ihre kunstvoll terrassierten Reisfelder mit Wasserbüffeln bestellen. Doch bis ins letzte Bergdorf gab es zwei untrügliche Anzeichen dafür, dass die Globalisierung bereits gesiegt hat: Erstens die allgegenwärtige Werbung internationaler, vor allem amerikanischer und chinesischer Firmen auf Plakaten oder flimmernden Bildschirmen und zweitens die vielen uniformierten Kinder…

An Wochentagen bricht in den Städten zweimal täglich der Verkehr zusammen: zu Schulbeginn und zu Schulschluss. Die Kinder der wohlhabenden Inselbewohner, die oft mit Privatautos zur Schule gebracht und abgeholt werden, erkennt man an ihren farbigen Uniformen – sie besuchen muslimische oder katholische Privatschulen. Die Schülerinnen und Schüler der staatlichen Schulen, die aus überfüllten Bussen oder dreirädrigen Taxis quellen, sind an ihrer rein weißen Kleidung zu erkennen: weiße Faltenröcke, Blusen und Krawatten für die Mädchen, kurze oder lange Hosen mit weißen Hemden und Krawatten für die Knaben. Ich habe mir vorgestellt, wie sich die Kinder bei über 30 Grad Lufttemperatur und fast 100% Luftfeuchtigkeit in diesen für das englische Klima entworfenen Kleidungsstücken fühlen mögen… (Die traditionellen Saris der Frauen und die Sarongs der Männer sieht man fast nur noch bei den Ärmsten oder bei festlichen Anlässen.) Vor allem aber habe ich mich gefragt, wie die armen Mütter es ohne Waschmaschine und elektrisches Bügeleisen schaffen, dass ihre Kinder täglich so sauber und adrett gekleidet das Haus verlassen?! Und an Puja, dem großen Vollmond-Fest, an dem ich zahlreiche Einheimische in rein weißer Festkleidung in die Tempel strömen sah, die sonst hauptsächlich von Touristen besucht werden, habe ich mir darüber Gedanken gemacht, ob die weiße Kleidung nicht mit Absicht aus dem religiösen in den schulischen Kontext übertragen wurde?

Sicher ist, dass die Schule heute – in Sri Lanka wie überall auf der Welt – eine ebenso zentrale Rolle spielt wie einst die Religion. Sie produziert die Arbeiter, Angestellten, Beamten und Manager, die das moderne Wirtschaftsleben in Gang halten. Sie bestimmt nicht nur den Tagesverlauf der schulpflichtigen Kinder, sondern auch den Lebensrhythmus der übrigen Familienmitglieder. Sie trägt zum Aussterben der Dörfer und dem Megawachstum der Städte bei, denn wenn Schulbildung zum entscheidenden Faktor für das Fortkommen wird, bemühen sich natürlich die meisten Eltern, dorthin zu ziehen, wo ihre Kinder eine möglichst gute Schulbildung erwerben können.

Die Sprache ist verräterisch: Die Redewendung „Schulbildung erwerben“ deutet darauf hin, dass auch das Wissen in der Konsumgesellschaft Warencharakter angenommen hat. Genau diesen Zusammenhang hat Ivan Illich in seinen Schriften analysiert, wobei er nicht verkennt, dass die allgemeine Schulbildung im 19. Jahrhundert einen entscheidenden Beitrag zur Überwindung des Feudalismus geleistet hat. Doch wie viele andere fortschrittliche und befreiende Entwicklungen begann sie irgendwann unbemerkt zu kippen und die Freiheit der Menschen eher einzuschränken als zu fördern.

Aus verschiedenen Perspektiven beschreibt Illich in seinen Aufsätzen den Vorgang der Kapitalisierung des Wissens, das von Experten definiert (= eingegrenzt) und verwaltet (= in ihre Macht gebracht) wird. Als Volksschul-, Hauptschul-, AHS-, BHS- oder höheres Fachwissen wird es den Konsumenten angeboten. Schulzeugnisse und Universitätsabschlüsse dienen dabei als Quittungen, sprich als amtliche Bestätigungen dafür, dass das Wissen rechtmäßig erworben wurde. Können allein genügt nicht – ohne amtliche Bescheinigung wird es gewöhnlich nicht anerkannt, so als handelte es sich um ein unrechtmäßig erworbenes Gut. Wie bei allen anderen Konsumartikeln gibt es aber auch bei dem zur Ware gewordenen Wissen verschiedene Qualitätskategorien: In den öffentlichen Pflichtschulen wird die Masse der Niedriglohnempfänger herangebildet, während Eliteschulen ein besonders hochwertiges Produkt anbieten, das normalerweise Kindern aus begüterten Familien vorbehalten bleibt und ihnen Zugang zu den Schaltstellen der Macht in Wirtschaft, Wissenschaft und Politik eröffnet.

Da wir alle das heimliche Curriculum, den unsichtbaren Lehrplan der Schule durchlaufen haben, finden die meisten von uns nichts dabei – dieser Vorgang ist doch ganz normal, um nicht zu sagen alternativlos! So konnte ich auch auf meiner Reise nach Sri Lanka meine Gedanken und Gefühle mit niemandem teilen: Die wohlhabenden und gebildeten Leute regten sich lieber über die Verkehrsstaus auf und riefen nach strengeren Regeln, in erster Linie natürlich für Busse und dreirädrige Taxis… Und die so genannten kleinen Leute haben keine Zeit zum Nachdenken, sie sind mit dem schieren Überleben vollauf beschäftigt, denn in der schönen neuen Warenwelt steigen die Preise viel schneller als ihre schändlich niederen Einkommen… So bleibt die gesellschaftliche Ordnung unverändert erhalten, egal welche Partei oder Ideologie gerade am Ruder ist.

Für Ivan Illich gibt es sehr wohl eine Alternative: Indem wir, statt nach immer MEHR zu streben, danach fragen, was GENÜGT, können wir uns ganz bewusst dem Wachstumszwang der Konsumgesellschaft entziehen und ein gutes Leben für alle ermöglichen: Illich bezeichnet es als CONVIVIALITY und versteht darunter das freundschaftliche Zusammenleben mit Natur und Mitmenschen, ohne Leistungs- und Konkurrenzdruck. Dass seine Vision inzwischen keine Utopie mehr ist, haben mir nicht nur die Freilerner und der Colearning Space bewiesen – in dem Film TOMORROW, den junge Filmer über Crowdfunding finanziert haben, findet ihr noch mehr inspirierende Beispiele einer neuen Conviviality…

Möge diese Entwicklung 2017 rasant weiter um sich greifen…! Das wünschen sich und euch herzlichst Alexandra und Sibylle

November 2016

November 2016


Liebe Scholé-Freunde,

Heute muss ich als erstes von einem erfreulichen Ereignis berichten: Letzten Samstag hat im Filmmuseum der Albertina die Uraufführung eines 35-minütigen Dokumentarfilms über das Projekt MEHRSTERN stattgefunden, im Auftrag des Sponsors gedreht von meinem Sohn Adrian und seinem Freund Ruben Braunschmid. Da aus Mehrstern kurze Zeit später SCHOLÉ hervorgegangen ist, möchte ich euch darüber erzählen:

Die typischen „Störungen“ vifer Kinder – Zappeligkeit / „ADHS“, asoziales Benehmen, Depressionen etc., die normalerweise mit Ritalin oder anderen Therapien zur Anpassung der Kinder an das System „behandelt“ werden, beruhen meiner Überzeugung nach einfach darauf, dass die Bedürfnisse dieser Kinder nicht erfüllt werden: Ein kleines privates Forschungsprojekt sollte also die Frage beantworten, ob es nicht auch anders geht?

Wie es zu dem Forschungsprojekt MEHRSTERN gekommen ist:

Aus eigener Erfahrung wusste ich nur zu gut, dass viele Lehrer, aber auch Schulpsychologen, Mitschüler oder deren Eltern manchmal seltsam allergisch auf Kinder reagieren, die intellektuell „über der Norm liegen”. In der Lehrerausbildung erfährt man bis heute nichts oder fast nichts über den Umgang mit so genannten Hochbegabten. (Schon der lästige Begriff “hoch begabt” ist ja nur eine Ausgeburt des schulischen Normierungssystems und macht außerhalb davon gar keinen Sinn, da jedes Kind eben auf seine einzigartige Weise begabt ist!)

Auf der Suche nach Rat und Hilfe bin ich 1997 an Brigitte Kraft verwiesen worden, eine gelernte Krankenschwester, die 10 Jahre auf einer Kinderpsychiatrie gearbeitet hatte und dort eine seltene Virtuosität im Umgang mit den besonderen Bedürfnissen von Kindern erwarb. Diese Fähigkeit sollte später nicht nur ihren eigenen genialen Söhnen zugute kommen! Mit größter Selbstverständlichkeit hat sie sich unserer angenommen, wie vieler anderer verzweifelter Eltern und Kinder vorher und nachher. Das war der Beginn meiner Freundschaft mit Brigitte, deren umfassende Bildung und Herzensbildung mich bis heute immer wieder erstaunen und tief berühren. Als unsere Kinder erwachsen waren, suchte ich deshalb nach einem neuen würdigen Betätigungsfeld für ihre so besonderen Talente – und fand über meine Freundin Sibylle Eisenburger schließlich in Dr. Fogarassy einen privaten Sponsor, der sie ohne bürokratische Einschränkungen unterstützt.

Seit 2012 organisiert Brigitte ganz allein die freitäglichen Mehrstern-Ausflüge zu verschiedensten Destinationen. Zur Teilnahme eingeladen werden 12 intellektuell unterforderte Schulkinder zwischen 6 und 14 Jahren, die meisten vermittelt vom Institut für Begabungsförderung im SSR, die Mehrstern-Gruppe. Wieviel Wissen, Einsatz und Arbeit dahinter stecken, können professionelle Pädagogen vielleicht am ehesten ermessen: Schon Monate vorher sondiert Brigitte die besonderen Interessen der Kinder, kontaktiert entsprechende Stellen in Gärten, Museen, Betrieben usw., vereinbart Besuchserlaubnisse, Führungen oder Übungsprogramme für die Kinder, informiert Sponsor und Eltern und bereitet ihre „Sternchen” thematisch auf den bevorstehenden Besuch vor.

Bei den wöchentlichen MEHRSTERN-Exkursionen übernimmt sie nicht nur die alleinige Verantwortung für das leibliche und seelische Wohl ihrer Schützlinge, sie kann auch noch fast alle fachlichen Fragen der Kinder mühelos beantworten und lässt es sich nicht nehmen, jedem Kind immer seine spezielle Lieblingsjause mitzubringen. Zwischen den Treffen bekommt jedes einzelne Sternchen allwöchentlich eine liebevolle persönliche Rückmeldung vom Briefträger (!) überbracht, und auch den Wissensvermittlern vergisst Brigitte niemals schriftlich oder telefonisch zu danken…

Wenn ich Zeit habe, darf ich als Zaungast mit dabei sein. Und meine anfängliche Vermutung hat sich vollauf bestätigt: Der eine Nachmittag pro Woche, an dem sich die Sternchen endlich einmal vorbehaltlos gesehen und angenommen fühlen, wie sie sind, an dem sie gleichGESINNTE anstatt gleichALTRIGE Kinder um sich haben und mitbestimmen dürfen, was unternommen wird, hat schon so manches „Wunder” bewirkt. Eine entscheidende Rolle spielen dabei natürlich die ELTERN, ohne deren aktive Teilnahme und Zustimmung das nicht möglich wäre. Die meisten „Störungen“ haben sich jedenfalls rasch gebessert und aus Außenseitern wurden bald lebensfrohe Kinder!

Diese Erfahrung hat mich dann bewogen, mir auszumalen, wie gut es Kindern erst gehen müsste, wenn sie nicht nur an Freitag Nachmittagen, sondern täglich in ihren Bedürfnissen und Begabungen so ernst genommen würden! Wenn sie angstfrei ihre eigenen Fragen stellen könnten und sich geistig und körperlich nach Herzenslust frei bewegen dürften…! Vor meinem inneren Auge ist eine Vision aufgetaucht, die ich schon kannte, als junge Frau aber offensichtlich noch nicht in ihrer ganzen Tiefe erfassen konnte. Sie steht schwarz auf weiß in dem Buch DIE ANTWORT DER ENGEL, das eine meiner Wahl-Großmütter mir 1983 geschenkt hat. Ich halte es für eines der Großen Bücher des 20. Jahrhunderts. Es markiert den Beginn eines grundlegenden Bewusstseinswandels, für den vier von den Nazis verfolgte junge Suchende, drei Frauen und ein Mann, inmitten der Schrecken des 2. Weltkriegs Zeugnis ablegten.

Eine der vier, Lili, die als Bewegungstherapeutin oft mit Kindern arbeitet, fragt am 21. Januar 1944 ihren Engel: „Warum will der Mensch alles fertig erhalten?“ Und sie vernimmt die Antwort:

Verdorbene Kindheit: fertiges Spielzeug – fertiges Wissen – fertige Speise – fertige Erfahrung. Das bekommt das Kind, und es fühlt Ekel. Der Wissensdurst und die Schaffenslust – alles, was zum Menschen formt, verkümmert. Die Lust an Versuchen? Die vielen guten Ratschläge töten sie. Das ist Feigheit und Ungläubigkeit.

WENN DAS KIND ERWACHSEN WIRD, IST ALLES IN IHM SCHON ERSTORBEN.

Lerne daraus, meine Geliebte! Berate nie, ergänze nie, kaue nie die Nahrung vor! DU gib anders – und alles wird sich unter deiner Hand erneuern! Stelle Aufgaben, stelle Proben! Locke, verführe, in deine Fußstapfen zu treten! Aber führe nicht! Halte nicht die Hand! Stoße den Unsicheren gelinde an, und seine Sicherheit wird erstarken. Das ist es, was du suchst – du wirst es finden. Nach verschlafenem Grau kommt wunderbares Strahlen. Aber jetzt? Durch die vielen farbigen Bilder, farbigen Filme wird des Menschen Auge grau. Statt Farbe zu GEBEN, erhält er sie.

Lili: „Es ist so schwer, das Interesse der Menschen zu wecken…“

Würde ich mich dir nähern, so bliebest du stehen. Ich weiche aber zurück. Du bemerkst es nicht und lernst, auf der Luft zu schreiten. Nicht auf dem Wasser – auf dem Nichts. Ich gebe immer nur die eine Hälfte der Antwort – die andere Hälfte bleibt aus. Fühlst du es? (mit bitterem Tonfall:) Aber die Menschen meinen – „Wir sind so gut zu unseren Kindern, zu jedermann“… und alles verkümmert, weil – „wir gut sind“. DU gib Hunger, nicht Sattheit!

„Alles ist uns bekannt – wir wissen alles“. DU öffne das Unbekannte!

Lili: „Warum können so wenige Menschen sich konzentrieren?“

Weil sie auf nichts achten! So viel Lärm, so viel Farbe dringt in den Menschen ein! DU aber zeige etwas Neues, das stärker ist als der stärkste Ton und dennoch leiser. Darauf werden sie horchen. (Lange, tiefe Stille) Jetzt horchte ich… und der Klang war gut. Ihr hört ihn auch, wenn ihr horcht. Davon hängt alles ab. Das ist das Maß, das ist die Freude, das ist alles. Horcht immer! … HORCHST DU, SO WERDEN SELBST DIE STEINE SPRECHEN.

Was könnten wir euch Schöneres wünschen in der Vorweihnachtszeit? herzlichst Alexandra und Sibylle

Zitat aus: DIE ANTWORT DER ENGEL ein Dokument aus Ungarn, aufgezeichnet von Gitta Mallasz Daimon Verlag, Zürich

Oktober 2016

Oktober 2016


Liebe Scholé-Freunde,

„Fröstelnd geht die Zeit spazieren. Was vorüber schien, beginnt. Chyrsanthemen blühn und frieren. Fröstelnd geht die Zeit spazieren. Und du folgst ihr wie ein Kind.

Geh nur weiter. Bleib nicht stehen. Kehr nicht um, als sei’s zuviel. Bis ans Ende musst du gehen. Hadre nicht mit den Alleen. Ist der Weg denn schuld am Ziel?“

So beginnt Erich Kästners Gedicht über den Oktober… Ob der Dichter jemals so warme, strahlende Herbsttage erlebt hat wie wir im heurigen Jahr? Nicht nur beim Wetter, auch bei der allgemeinen Haltung den Kindern gegenüber ist der Klimawandel in vollem Gange. Kästner hat ihn literarisch vorweggenommen: Seine unsterblichen Helden wie Emil, der Detektiv, oder Pünktchen und Anton sind selbstbestimmte Kinder, die freudig Verantwortung übernehmen und das Herz am rechten Fleck haben.

Im Colearning Space macht sich der fortschreitende pädagogische Klimawandel besonders deutlich bemerkbar. Die Stimmung ist heuer eine ganz andere als im vorigen Jahr, obwohl so viele Kinder dazu gekommen sind, dass die Räume allmählich eng werden. Aber es wird immer wärmer, weil alle spüren, dass es in allererster Linie darum geht, dass Kinder und Erwachsene zu einer herzlichen, absolut solidarischen Gemeinschaft aus lauter eigenständigen Einzelnen zusammen wachsen. Was den Jüngsten natürlich oft leichter fällt als den Älteren, die unter weitaus frostigeren Bedingungen aufgewachsen sind und ihre Schutzreflexe nicht so schnell ablegen können… Aber sie arbeiten mit Feuereifer daran und treffen sich an vielen freien Wochenenden, um aktiv und mit professioneller Unterstützung Community Building zu betreiben.

Eine neue menschliche Wärmequelle im CLS ist Angela Bittel. Sie ist Sängerin und experimentiert seit ihrer Kindheit mit den vielfältigen Möglichkeiten der menschlichen Stimme. Spielerisch lässt sie Kinder und Erwachsene die tiefen Zusammenhänge zwischen Stimme, innerer Stimme, Stimmung und Be-stimmung erfahren, ermutigt sie zum Summen, Tönen, Singen, Dichten und Komponieren. Dank ihr habe ich im CLS eine Schaubild-Übergabe miterlebt, bei der die Kinder Photosynthese und Zellbiologie mit den Mitteln von Tanz, Theater und Gesang dargestellt haben – ein Erlebnis!

Beim 3. Workshop von Alexander Schatanov am 15./16.10. hat Angela Bittel die Teilnehmer durch gezielte Stimmübungen erfolgreich an ihre verborgenen Potentiale herangeführt und dadurch in geradezu euphorische Stimmung versetzt…! Gemeinsam mit Genia Lackey, der großartigen Gründerin und Leiterin des Freilernerzentrums WINGS im Waldviertel, Alexander Schatanov und Freilernereltern in der ukrainischen Stadt Poltawa beteiligt sich Angela auch an spannenden Experimenten zur Erkundung neuer Kommunikationsmöglichkeiten über Länder- und Sprachgrenzen hinweg.

Am 22.10. fand in einem wunderschönen Raum in der Nationalbibliothek die von Geigensoli festlich umrahmte Präsentation der zwei neuesten Publikationen von André Stern statt: sein kurzes Manifest „Ökologie der Kindheit“ und das Buch „Spielen, um zu fühlen, zu lernen und zu leben“ mit Beiträgen von Gerald Hüther, Sir Ken Robinson, Erwin Wagenhofer, Arno Stern und anderen. Der Saal war brechvoll, und André begeisterte sein Publikum mit der lebendigen Schilderung, wie Familie, Freunde und selbst Zufallsbekannte Anteil nehmen an der freien Entfaltung seiner Söhne Antonin (7 Jahre) und Benjamin (6 Monate). Diese Kinder müssen nichts WERDEN, sie brauchen keine elterlichen Erwartungen zu erfüllen, sondern dürfen einfach SEIN – zur Freude und Bereicherung von allen, die mit ihnen in Kontakt kommen.

Ich bin an diesem Abend am Büchertisch neben einem elfjährigen Freilerner gesessen, der letztes Jahr aus eigenem Antrieb das Fest für Arno Stern gefilmt hat. Inzwischen hat er mit Unterstützung seiner Eltern eine DVD daraus gemacht, die er an diesem Abend auch selbst zum Kauf anbot. Mit seiner Ernsthaftigkeit, seiner freundlichen Bestimmtheit und seiner kindlichen Offenheit war er der lebende Beweis dafür, wie gut es Kindern tut, so ernst genommen zu werden: Ich habe es wieder einmal als Privileg empfunden, mich mit diesem weisen kleinen Menschen und seinem genauso bezaubernden jüngeren Bruder unterhalten zu dürfen!

Für unser Buch „Lernen ist wie Atmen“, in dem neben vielen anderen Autorinnen und Autoren auch die Eltern und Großeltern dieser beiden Buben zu Wort kommen, werden wir hoffentlich bald den richtigen Verlag finden – dann freuen wir uns, euch alle zur nächsten Buchpräsentation einladen zu dürfen…

Herzliche Herbstgrüße Alexandra und Sibylle

September 2016

September 2016


Liebe Scholé-Freunde,

2016 ist ein Jahr der stürmischen Energien, deren Auswirkungen für uns aber nicht zerstörerisch, sondern aufbauend waren: Viele kleine Bäche strömen gerade zusammen zu einem schon ziemlich mächtigen Fluss. Menschen, die an ganz verschiedenen Projekten zum Wohl der Kinder arbeiten, haben inzwischen nämlich erkannt, dass sie im Grunde alle in die gleiche Richtung streben: Allen geht es um Respekt, Achtsamkeit, persönliche Freiheit und soziale Verantwortung – und um Muße statt Müssen.

Auch innerhalb des Schulsystems tut sich viel in dieser Richtung. Erst gestern bin ich in einer Runde mit mehr als 20 Pädagoginnen, Universitätslehrern und anderen engagierten Personen gesessen, die sich um die Verbreitung von ACHTSAMKEIT UND MITGEFÜHL auf allen Ebenen des Bildungssystems bemühen. Und nach ihren Berichten zu schließen sieht es ganz so aus, als würde sich diese Haltung gerade verbreiten wie ein Lauffeuer!

Ich bin neugierig, wie lange es dauern wird, bis das Freilernen als intensivste Achtsamkeitsübung erkannt wird: Im Schulunterricht kann ein Lehrer achtsam unterrichten oder auch nicht. Freilernen dagegen beruht auf Achtsamkeit: Nur Menschen, die gelernt haben, auf ihre eigenen inneren Impulse zu achten, sind fähig, die natürlichen Impulse der Kinder wahr- und ernst zu nehmen. Da Kinder von Natur aus soziale Wesen sind, geben sie die Achtsamkeit, die ihnen und ihren Bedürfnissen entgegengebracht wird, zurück: So entsteht ein aus dem Moment geborener Prozess des Gebens und Nehmens, bei dem sich die Erwachsenen gemeinsam mit den Kindern unaufhörlich weiter entwickeln!

Das Buchprojekt „LERNEN IST WIE ATMEN“, an dem ich gemeinsam mit drei Freilernermüttern gerade arbeite, versammelt Beiträge von Kindern, Jugendlichen, einem Studenten, einem Lehrer, Müttern, Vätern und Großeltern, die alle aus ihrer jeweiligen Perspektive das Thema Freilernen von allen Seiten umkreisen. Wir hoffen, dass wir einen guten Verlag finden und unser Buch dazu beitragen wird, in den Köpfen der Leser die Begriffe Lernen und Schule unterscheidbar zu machen. Noch sind sie in der allgemeinen Meinung so sehr verschmolzen, dass die meisten Bildung mit Schulbildung gleichsetzen. Das hat natürlich historische Gründe. Eine Globalisierung, wie wir sie heute erleben, konnte nur auf Basis einer allgemeinen Verschulung und damit Gleichschaltung der Kulturen entstehen. Und dieses von klugen Strategen schon vor Jahrhunderten erdachte Projekt war derart erfolgreich, dass selbst wohlgesinnte und hilfsbereite Menschen nach wie vor die klassische Schulbildung für das beste Heilmittel gegen Unwissenheit, Armut und Not halten und daher alles tun, um sie bis ins letzte Bergdorf der Welt zu verbreiten…

Durch die Brille des herrschenden Zeitgeistes betrachtet war die Schule ja tatsächlich der entscheidende Beitrag zum Fortschritt der Menschheit, der in vieler Hinsicht natürlich nicht zu leugnen ist. Erst nach und nach beginnen wir unter dem steigenden Druck der unerwünschten Nebenwirkungen unseres globalen Erfolgsprojekts zu erkennen, dass der nächste Entwicklungsschritt fällig ist! Die unerwünschten Nebenwirkungen beruhen nämlich nicht allein auf mangelnder Sorgfalt bei der Verwirklichung der Fortschrittsziele, sondern auf FEHLERN IM SYSTEM bzw. auf Annahmen/Vorurteilen über die Natur des Menschen, die äußerst anfechtbar sind. Eine erschütternde, wirklich sehenswerte Filmdokumentation darüber findet ihr im Internet unter dem Stichwort SCHOOLING THE WORLD.

Im Colearning Space (CLS), dem Wiener Freilernerzentrum, wo im ersten Jahr 25, heuer schon 35 Kinder zwischen 5 und 15 Jahren ganz neue Wege des Zusammenlebens und -lernens erkunden, wird mit Bienenfleiß an Alternativen zum schulischen Lernen geforscht. Das Interesse an diesem mutigen Experiment wächst – immer mehr Studierende, Experten und Journalisten bemühen sich um eine Erlaubnis zur Teilnahme an den Aktivitäten in der Hofmühlgasse 17, die für diesen Andrang allmählich zu eng wird… Eine der engagierten jungen Lernbegleiterinnen, die seit heuer neu dabei sind, ist Angela Bittel, eine hellsichtige Sängerin und Stimmtrainerin, die am Wochenende 15./16.Oktober im CLS einen Workshop mit dem russischen Quantenphysiker Schatanov machen wird, der schon zum dritten Mal nach Wien kommt. Zur Erinnerung hier nochmals die Einladung, die ich euch vor 14 Tagen geschickt habe – ich hoffe natürlich, viele von euch bei der Gelegenheit wieder zu sehen!
Quantenlernen III – die Stimme als Brücke

zwischen innerer und äußerer Welt

SAMSTAG, 15. Oktober 2016 von 12.30 bis 19.00 SONNTAG, 16. Oktober 2016 von 10.00 bis 17.30

Damit möglichst viele interessierte Menschen teilnehmen können, versuchen wir mit einem minimalen Kostenbeitrag auszukommen: € 110.- (bitte vor Ort bar bezahlen) CLS-Lernbegleiter nur € 55.- für beide Tage.

ORT: COLEARNING SPACE, 1060 Wien, Hofmühlgasse 17, Eingang nach dem 2. Hof links im 1. Stock Anmeldung bitte per Mail: aterzicauer@gmail.com Die menschliche Stimme ist die Brücke zwischen innerer und äußerer Welt. Mit ihr drücken wir unsere Emotionen und Gefühle aus – im Klang, im Wort, im Ausdruck. Wir können sie aber auch dazu nutzen, unsere inneren Sinne zu schulen, denn Klang geht mit unserem Unbewussten in direkte Resonanz.

Alexander Schatanov und Angela Bittel zeigen uns bei diesem Workshop, wie wir durch einfache Übungen Zugang zu tieferen Schichten unseres Bewusstseins finden können. Kinder brauchen keine Anleitung, denn sie befinden sich von Natur aus in diesem Zustand. Aber sie warten sehnlich darauf, uns dort auf Herzens- und Seelenebene zu begegnen!

Wir singen, tönen, lauschen, sprechen – mit und ohne Worte. Wir betreten und erkunden einen Raum des Miteinanders, der dem Lernen eine ganz neue Bedeutung verleiht: Hier wird nicht Altbekanntes weitergegeben, sondern eine unaufhörliche Entwicklung in Gang gesetzt, dank der wir von und mit den Kindern immer Neues aus einer unbekannten Zukunft lernen…

Angela Bittel, geb. 1987 in Augsburg, ist professionelle Sängerin, Lernbegleiterin und Autorin. Schon als Kind entdeckte sie eine Möglichkeit, ihre angeborenen telepathischen und hellsichtigen Fähigkeiten weiter zu entwickeln anstatt sie zu vergessen. Ihr Werkzeug: die menschliche Stimme. Seit 2012 zeigt Angela Kindern und Erwachsenen in Seminaren, Workshops und individuellen Coachings einen spielerischen Weg zur persönlichen Entfaltung. Leichtigkeit und Freude, die so oft in unserer Gesellschaft vergessen werden, sind ihr dabei am wichtigsten. In ihrem aktuellen Buch „Heilende Stimme – die Stimme als Spiegel der Seele“ beschreibt sie, wie wir die Stimme als Brücke zu unserem vollen menschlichen Potential nutzen können. Der Quantenphysiker Dr. Alexander Schatanov, geb. 1955 bei Moskau, erforscht an einem Institut in der Ukraine zusammen mit Wissenschaftlern anderer Disziplinen die ungeahnten Möglichkeiten des menschlichen Bewusstseins. Phänomene wie Hellsichtigkeit oder Telepathie sind quantenphysikalisch ohne weiteres erklärbar. Sie beruhen auf Fähigkeiten, die prinzipiell in jedem Menschen angelegt sind. Nur das veraltete mechanistische Weltbild, in dem die meisten von uns erzogen wurden, hat uns von diesen angeborenen Fähigkeiten abgeschnitten. Gemeinsam mit seiner Frau gibt Schatanov die Zeitschrift „Der Raum von Liebe und Licht“ heraus, die auf Russisch, Englisch und Deutsch erscheint. Im Eigenverlag hat er auch illustrierte MÄRCHEN für Kinder der Neuen Zeit publiziert, die das Thema seines letzten Wiener Workshops waren.